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Menschen zünden herzförmigen Kerzen an einer Mahnwache in Zürich
Legende: Zuletzt zeigte die Bevölkerung viel Solidarität für Flüchtlinge. Das könnte sich ändern, sagt Burkhardt. Keystone

Schweiz Der Bundesrat zeigt Herz für Flüchtlinge – folgen auch Taten?

Beteiligung am Verteilschlüssel, Solidaritätsaufrufe Richtung Europa, finanzielle Hilfe für Krisenregionen – der Bundesrat macht in der Flüchtlingskrise mobil. Zumindest theoretisch. Doch was heisst das praktisch? Antworten von Bundeshauskorrespondent Philipp Burkhardt.

SRF News: Das sind ziemlich viele «wenn und aber», die der Bundesrat heute formuliert hat. Eine grosse Offensive in der Flüchtlingskrise sieht anders aus.

Philipp Burkhardt: Kurzfristig könnte der Bundesratsentscheid tatsächlich zur Folge haben, dass sogar weniger Flüchtlinge aus dem Kriegsgebiet in Syrien in die Schweiz kommen können, als bisher geplant. Um das zu verstehen, muss man wissen, dass es zurzeit zwei Programme zur Umverteilung von Flüchtlingen innerhalb Europas gibt. Das erste, konkrete will 40'000 Menschen auf die verschiedenen Staaten verteilen. Davon ist der Bundesrat bereit, 1500 Flüchtlinge zu übernehmen. Das können aber auch Menschen aus Eritrea oder anderen Krisengebieten als Syrien sein. Diese werden dann erst noch mit dem Kontingent von 3000 Menschen verrechnet, das der Bundesrat im Frühling beschlossen hat. Deshalb kritisiert das UNHCR denn auch, die Schweiz beschränke in Tat und Wahrheit ihr bisheriges Programm zur Aufnahme von syrischen Flüchtlingen. Beim zweiten Programm zur Umverteilung geht es dann um 120'000 Flüchtlinge europaweit. Hier wäre das Engagement der Schweiz deutlich grösser. Sofern es jemals dazu kommt.

Grundsätzlich wäre der Bundesrat bereit, mittelfristig 4500 bis 5000 Flüchtlinge aufzunehmen. Er will aber auch die Kantone mitentscheiden lassen. Wie gross ist denn hier die Hürde?

Die ist hoch. Zum einen sind die Kantone bei der Unterbringung von Flüchtlingen zum Teil am Anschlag. der Kanton Luzern hat ja deswegen schon mehrmals bei den Behörden in Bern interveniert. Dazu kommt, dass es sich bei den Flüchtlinge aus Syrien häufig um kriegstraumatisierte Menschen handelt, die psychisch schwer angeschlagen sind und intensive Betreuung brauchen. Deswegen hat man bisher auch nur so wenige gezielt in die Schweiz geholt – die Kantone wären derzeit auch gar nicht in der Lage, eine grosse Zahl von Kriegstraumatisierten zu betreuen. Der Bundesrat hat zusätzlich eine weitere Hürde eingebaut: Er macht nur mit, wenn sich die EU auf einen Verteilschlüssel einigen kann, wenn sie Zentren an ihrer Aussengrenze einrichtet, über die die Verteilung abgewickelt wird, und vor allem: wenn dort wieder alle Flüchtlinge registriert werden. Von allem ist man heute weit entfernt.

Kurzfristig könnten sogar weniger Flüchtlinge aus Syrien kommen.

Wieso bleibt die Schweiz insgesamt so defensiv bei der Aufnahme von Flüchtlingen?

Protokoll Liveticker

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Lesen Sie hier das Wichtigste der Medienkonferenz im Protokoll zum Liveticker.

Wir sind mitten im Wahlkampf. Die Migration ist das Wahlkampfthema Nummer 1. In den letzten Tagen scheint die Stimmung der Schweizer Bevölkerung gegenüber Flüchtlingen noch positiv gewesen zu sein; das kann aber täuschen, die Stimmung könnte kippen. Da ist der Bundesrat natürlich eher zurückhaltend mit der Aufnahme von weiteren Flüchtlingen in hoher Zahl.

Bis jetzt sind in der Schweiz nur wenige Flüchtlinge angekommen. Bleibt das so?

Justizministerin Sommaruga schliesst nichts aus. Die Behörden würden sich auf das gegenläufige Szenario vorbereiten. Gleichzeitig geht die Bundesrätin aber nicht davon aus, dass sich die Reiseroute der Flüchtlinge in der nächsten Zeit in die Schweiz verlagert. Das wird damit begründet, dass sich die Flüchtlinge entlang der grossen Verkehrswege bewegen würden – und die führen nicht über unser Land.

EU-Korrespondent Oliver Washington: «Brüssel macht keinen Druck»

«Bundesrätin Sommaruga hat recht, wenn sie von einem politischen Versagen der EU spricht, wenn sich einzelne Mitgliedsländer quer stellen. Aber es ist mehr: Es ist auch eine organisatorische Überforderung angesichts der unglaublichen Zahl an Flüchtlingen. Aus Brüssel gibt es bis anhin keinen Druck auf die Schweiz bei der Flüchtlingsverteilung. Aus zwei Gründen: Erstens wurde schon früh registriert, dass die Schweiz unabhängig von der EU Flüchtlinge aufnehmen will. Zweitens kann sie die Schweiz auch gar nicht zwingen, bei diesen Programmen mitzumachen. Denn deren Grundlage ist EU-Notrecht. Die Schweiz kann freiwillig mitmachen, was sicher positiv registriert würde und vielleicht auch einen positiven Eindruck auf Mitgliedsländer hätte, die sich momentan verweigern.»

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