- Nach dem Ständerat hat sich auch der Nationalrat für einen indirekten Gegenvorschlag zur Burka-Initiative ausgesprochen.
- Das Parlament will eine gesetzliche Pflicht einführen, das Gesicht zu zeigen, wenn eine Person identifiziert werden muss.
- Der Entscheid in der grossen Kammer fiel mit 94 zu 90 Stimmen bei 5 Enthaltungen.
Eine Allianz aus SP-, Mitte-, FDP- sowie GLP-Vertretern setzte sich durch. Dagegen stimmten geschlossen die SVP und mehrheitlich die Grünen, dazu einzelne Mitglieder der FDP. Die Staatspolitische Kommission des Nationalrats (SPK) hatte einen Gegenvorschlag zur Burka-Initiative noch knapp abgelehnt.
Wegen der Empfehlung für Nichteintreten wurde noch nicht über das generelle Verhüllungsverbot diskutiert, wie es das Volksbegehren fordert. Darüber debattiert die grosse Kammer dann nächstes Jahr.
Klar ist aber: Mit dem vom Bundesrat vorgeschlagenen indirekten Gegenvorschlag wollen die Räte eine gesetzliche Pflicht einführen, das Gesicht zu zeigen, wenn eine Person identifiziert werden muss, beispielsweise zur Billettkontrolle.
Die Wortmeldungen zeigten bereits, dass es die Initiative auch in der grossen Kammer schwer haben dürfte. Eine knappe Mehrheit befand allerdings, dass die Probleme, welche das Volksbegehren aufzeige, ernst genommen werden müssten.
Wehret den Anfängen!
«Wehret den Anfängen!», sagte SVP-Nationalrat Andreas Glarner eingangs der Debatte. Schon bei der Minarett-Initiative vor zehn Jahren sei das Problem kleingeredet worden, weil es kaum Minarette in der Schweiz gebe. «Gott sei Dank werden wir nun von diesen Türmchen verschont.» Der politische Islam wolle die Frauen unterdrücken und das Strassenbild verändern. Dem gelte es einen Riegel zu schieben.
Besserstellung von Frauen
«Die SVP hat sich bis anhin nicht als Vorreiterin der Gleichstellung hervorgetan», konterte SP-Nationalrätin Nadine Masshardt. Sie sprach sich für einen ergänzten Gegenvorschlag aus, der die SVP beim Wort nehme und die Gleichstellung tatsächlich verbessere. Ein grundsätzliches Verbot von Kleidungsstücken in der Verfassung gehe aber deutlich zu weit.
Der Nationalrat nahm schliesslich verschiedene Punkte zur «Besserstellung der Frauen» auf. Nur die SVP und einzelne FDP-Vertreter wehrten sich gegen diese «Vermischung verschiedener Themenfelder», wie es Matthias Jauslin (FDP/AG) ausdrückte.
Laut Gerhard Pfister (CVP/ZG) regelt der Gesetzesentwurf «nur das, was der Bund regeln darf». Für Tiana Angelina Moser (GLP/ZH) stopft der Gegenvorschlag eine bestehende Gesetzeslücke, «obwohl der Handlungsbedarf nicht riesig ist».
Wo es kein Problem gibt, da braucht es weder eine Initiative noch einen Gegenvorschlag.
SVP und Grüne plädierten dagegen, nicht auf den Gegenvorschlag einzutreten. Für die SVP setzt das Gesetz das eigentliche Ziel der Initiative nicht um. «Es ist unfair, wie man versucht, die Initianten ruhigzustellen», sagte Glarner. Noch nie in der Geschichte der Eidgenossenschaft habe es einen derart untauglichen Gegenvorschlag gegeben.
Die Grünen waren der Auffassung, dass der Gegenvorschlag wenig bringe, weil er weitgehend Selbstverständliches regle. «Wo es kein Problem gibt, da braucht es weder eine Initiative noch einen Gegenvorschlag», sagte Balthasar Glättli (Grüne/ZH).