SP-Politiker Roberto Zanetti vertritt den Kanton Solothurn im Ständerat. Er ist 65 Jahre alt und denkt nicht daran, der ausserordentlichen Session des Parlaments fernzubleiben. Für ihn ist klar: «Stand heute werde ich an der Session teilnehmen, man hat einen Wählerauftrag zu erfüllen.»
Nur wenn er sich kurz vor Sessionsstart krank fühle, würde er daheim bleiben. Auch SP-Ständerat Paul Rechsteiner aus St. Gallen, 67 Jahre alt, will an der Session teilnehmen. Das Parlament müsse handlungsfähig sein und er wolle seine Pflicht erfüllen, erklärt auch er.
Ich fühle mich als gewählter Volksvertreter verpflichtet, meine Aufgabe als Ständeratspräsident auch physisch wahrzunehmen.
Gleicher Meinung ist auch Ständeratspräsident Hans Stöckli, ebenfalls 67 Jahre alt: «Ich fühle mich als gewählter Volksvertreter verpflichtet, meine Aufgabe als Ständeratspräsident auch physisch wahrzunehmen», so der 67-Jährige. Der SP-Politiker werde alles daran setzen, die ausserordentliche Session leiten zu können.
Auch die anderen beiden Politiker haben wichtige Funktionen. Sie sitzen in wichtigen Kommissionen und sind an der Vorbereitung der Parlamentsveranstaltung beteiligt: Zanetti ist in der Finanz – und in der Wirtschaftskommission, Rechsteiner präsidiert die Gesundheitskommission und ist ebenfalls in der Wirtschaftskommission.
Man könne den Parlamentarierinnen und Parlamentariern nicht verbieten, an der Session teilzunehmen, heisst es bei den Parlamentsdiensten. Sie appellieren an die Eigenverantwortung.
Felix Uhlmann, Professor für Staats- und Verwaltungsrecht an der Universität Zürich, sagt, die Situation sei in der Tat keine einfache. Sowohl die Teilnahme als auch das Fernbleiben seien problematisch.
Entweder wäre das Parlament kein gutes Vorbild für das, was von der Gesellschaft jetzt gerade gefordert werde. Oder das Parlament wäre so zusammengesetzt, dass Leute mit Vorerkrankungen oder über 65-Jährige, die allenfalls an einer Krankheit leiden, eigentlich nicht teilnehmen sollten. «Das ist mindestens unter Diskriminierungsgesichtspunkten problematisch», gibt Uhlmann zu bedenken.
Stöckli: Homeoffice kommt nicht infrage
Wie viele der 246 Parlamentsmitglieder einer Risikogruppe angehören, ist nicht bekannt, auch nicht den Parlamentsdiensten. Die ausserordentliche Session elektronisch, also quasi im Homeoffice durchzuführen, damit alle teilnehmen könnten, komme nicht infrage, erklärt Ständeratspräsident Stöckli: «Die Verfassung und die Gesetzgebung verlangen, dass das Parlament physisch zusammentritt.» Eine andere Regelung würde eine Änderung der gesetzlichen Bestimmungen verlangen. Das könne er sich nicht vorstellen.
Im Moment wird immerhin abgeklärt, ob und unter welchen Bedingungen wenigstens die vorbereitenden Kommissionssitzungen elektronisch durchgeführt werden könnten. Solange dann bei der Session mehr als die Hälfte der National- und Ständeräte physisch anwesend ist, ist das Parlament beschlussfähig.