Das Wichtigste in Kürze
- Der Bundesrat hatte vor zwei Jahren beschlossen, die Grenzwacht personell zu verstärken. Umsetzen will er seinen Entscheid jetzt aber doch nicht.
- Im Rahmen des Bundesbudgets für das kommende Jahr hat der Bundesrat den beantragten Personalausbau beim Grenzwachtkorps abgelehnt, wie SRF-Recherchen zeigen.
- Die Präsidentin der sicherheitspolitischen Kommission des Nationalrates und die zuständige Gewerkschaft goutieren dieses Vorgehen nicht.
44 Vollzeitstellen zur Verstärkung der Grenze hat Finanzminister Ueli Maurer ursprünglich beantragt – erhalten hat er keine einzige. Dies zeigt ein Dokument des Eidgenössischen Personalamts zuhanden des Parlaments. Darin ist detailliert aufgelistet, welche Stellenbegehren der Bundesrat fürs nächste Jahr nicht genehmigt hat, weil es die finanzielle Situation des Bundes nicht zulässt.
Das Nein zur Aufstockung des Grenzwachtkorps ist umso pikanter, da der Bundesrat die Personalaufstockung im Sommer 2015 in einem Mehrjahreskonzept eigentlich bereits beschlossen hatte.
Kopfschütteln bei der Gewerkschaft der Zöllner
Das Konzept könne nun aber «nicht weiter umgesetzt werden», heisst es in den Unterlagen zuhanden des Parlaments. Auch die Konsequenzen des verhinderten Personalausbaus werden darin beschrieben: «Dies geht zu Lasten der Bekämpfung der grenzüberschreitenden Kriminalität und des organisierten Schmuggels von Fleisch und anderen Lebensmitteln.»
Bei der Gewerkschaft des Zoll- und Grenzwachtpersonals «garanto» schüttelt man den Kopf. «Das Problem wird nur weiter hinausgeschoben», sagt Zentralpräsident Roland Liebi. Natürlich habe sich die Situation an der Südgrenze in den letzten Monaten entspannt. Doch man könne das Grenzwachtkorps nicht erst dann aufstocken, wenn die Zahl der Migranten wieder zunehme: «Dann ist es zu spät. Das Personal muss ja zuerst rekrutiert und ausgebildet werden. Das geht nicht heute auf morgen.»
Erstaunen bei der sicherheitspolitischen Kommission
Auch die Präsidentin der sicherheitspolitischen Kommission des Nationalrats, Corina Eichenberger (FDP) kann die Ablehnung des Personalausbaus durch den Bundesrat nicht verstehen. «Ich bin erstaunt über dieses Vorgehen, haben wir im Parlament doch erst kürzlich erreicht, dass das Grenzwachtkorps aufgestockt wird und die Leute nun entsprechend ausgebildet werden.»
Eichenberger kann sich deshalb vorstellen, dass ihre Kommission bei der Beratung des Budgets in der Wintersession den Antrag stellen wird, die zusätzlichen Stellen für das Grenzwachtkorps doch noch zu bewilligen.
Das «Hüst und Hott» des Parlaments
2008: Eine von SVP-Nationalrat Hans Fehr eingereichte Motion verlangte vom Bundesrat, das GWK um 200 bis 300 Profis zu verstärken. Das Parlament hiess die Motion gut, strich aber die konkrete Stellenzahl aus dem Motionstext.
2012: Mit einer parlamentarischen Initiative verlangte SVP-Nationalrat André Reymond einen ausreichenden Personalbestand beim GWK, damit die Sicherheit gewährleistet werden könne. Der Nationalrat stimmte zu, doch der Ständerat lehnte die Forderung ab, mit der Begründung, die parlamentarische Initiative sei nicht das richtige Mittel. Auch eine Motion von CVP-Nationalrat Marco Romano, die eine weitere Aufstockung des GWK verlangte, wurde von beiden Räten zuerst angenommen, später dann aber abgeschrieben.
2013: Im Rahmen des Voranschlags hiessen beide Räte eine Aufstockung des GWK um 24 zusätzliche Stellen gut.
2016: Bei der Beratung des Voranschlags stockten die Räte das Grenzwachtkorps um 48 Stellen auf.
2017: Ein Jahr später, im Rahmen des Voranschlags 2017, lehnten die Räte eine Aufstockung um 36 Stellen wiederum ab. In der kürzlich beendeten Herbstsession hatte der Ständerat eine Standesinitiative des Kantons St. Gallen abgelehnt, die eine Aufstockung des GWK verlangte. Wieder mit der Begründung, dies sei formal der falsche Weg. Eine Aufstockung müsse im Rahmen des Voranschlags 2018 in der kommenden Wintersession beschlossen werden.