Geld wechselt oft den Besitzer. Und wer einen Geldschein in die Hand nimmt, hinterlässt in der Regel Rückstände, die die Banknoten umso mehr überziehen, je länger sie in Umlauf sind. So bildet sich ein idealer Nährboden für Keime aller Art. Forscher an der New Yorker Universität haben deshalb vor zwei Jahren im Rahmen des «Dirty Money Projects» weltweit Geldscheine untersucht.
Ihre Erkenntnis: Auf jedem Schein leben etwa 3000 unterschiedliche Bakterientypen, darunter auch gefährliche Krankheitserreger wie Salmonellen, Kolibakterien und Streptokokken. Ausschlaggebend für das Ausmass des Bakterienbefalls sind Alter, Material, Aufbewahrungsort und Herkunftsland der Banknoten.
Alter
100- und 200-Franken-Noten weisen eine Lebensdauer von durchschnittlich vier Jahren auf. Die 50er-, 20er- und 10er-Noten müssen laut der Nationalbank bereits nach zwei bis drei Jahren ersetzt werden, da sie öfter die Hand wechseln. Die Lebenserwartung einer 1000er-Note ist dagegen höher als zehn Jahre. Neue, grosse Scheine sind also oft sauberer.
Material
Bei der Produktion von Banknoten setzte die SNB bisher auf ein Nebenprodukt der Baumwollherstellung. Die neueste Serie, von der als erstes die 50-Franken-Note herauskommt, ist eine «Sandwichkonstruktion»: Sie besteht aus einem Kern aus Polymerfolie – einem Kunststoff – und zwei Lagen lackiertem Baumwollpapier für die Vorder- und Rückseite. Dadurch verhält sich die Oberfläche wie traditionelles Banknotenpapier, während der Polymerkern mehr Widerstandskraft verleiht.
Australien hat bei seinen Zahlungsmitteln bereits 1996 ganz auf flexible Polymerfolie umgestellt. Vor fünf Jahren hat die University of Ballarat in Australien den Einfluss dieser Banknoten auf die öffentliche Gesundheit untersucht. Dabei stellte sie fest, dass sich viermal weniger Keime auf den Folien befanden als auf herkömmlichen Scheinen. Der Grund: Die Oberfläche absorbiert kaum.
Herkunftsland
Die wirtschaftliche Entwicklung eines Landes ist ebenfalls ausschlaggebend für die Hygiene des Geldes. Dies legen die Ergebnisse einer Studie eines internationalen Forscherteams um den Mikrobiologen Frank Vriesekoop von 2010 nahe. Einkommensschwache Länder besitzen demnach schmutzigeres Geld. Zurückgeführt wird dies darauf, dass Industrieländer alte, abgenutzte Scheine schneller aussortieren. Vriesekoop vermutet auch, dass die bessere Hygiene in Ländern mit höherem Wohlstand für sauberere Scheine sorgt.
Einen besonderen Weg gehen die Japaner: Sie verwenden mit Heissluft durchströmte Geldautomaten. Dabei werden die Yen-Scheine auf 200 Grad erhitzt und gelangen dann keimfrei in die Hände des neuen Besitzers. Trotzdem ist nicht Japan das Land mit dem saubersten Geld: Der Vergleich von Vriesekoop hat ergeben, dass der australische Dollar der sauberste und der chinesische Yuan der dreckigste Schein der Welt ist.
Aufbewahrung
Auch die Aufbewahrung hat einen Einfluss auf die Verkeimung. Ein feuchter, warmer Aufbewahrungsort – etwa die Hosentasche – wirkt wie eine Petrischale für Bakterien. Keime können auch in den kleinen Rillen der Scheine haften bleiben. Ausserdem werden Banknoten ungünstigerweise häufig gefaltet und geknickt.
Händewaschen
Durch verseuchte Geldscheine ausgelöste Epidemien sind bis heute nicht aufgetreten. «Persönlich schätze ich das Risiko als gering ein», sagt Rami Sommerstein, Facharzt für Infektiologie am Inselspital in Bern. «Gefährlich wird es erst, wenn konzentriert Resistenzen auf Antibiotika treffen.» Dies sei zum Beispiel in Spitälern der Fall. Für gesunde Menschen gibt es also keinen Anlass zur Sorge.
«Gelegentliches Händewaschen ist sicherlich okay – paranoid sein aber nicht», betont Sommerstein. Er warnt auch: «Durch extremes Händewaschen zerstört man irgendwann die schützende eigene Flora.» Das Einhalten der üblichen Verhaltensregeln genügt seiner Meinung nach völlig.
«Es gibt grössere Risiken als das Geld», bestätigt auch Hugo Sax, Leiter Spitalhygiene am Universitätsspital Zürich. «Um krank zu werden, müsste jemand schon auf eine Banknote niesen und sie einer anderen Person an die Nase halten. Aber das dürfte sehr selten vorkommen.»