Wirtschaft - Winterkorn bleibt Chef beim grössten Autobauer Europas
Konzernchef Martin Winterkorn hat den Machtkampf mit dem VW-Partriarchen Ferdinand Piëch vorerst gewonnen und soll über 2016 hinaus an der Spitze von Europas grösstem Autobauer bleiben. Darauf hat sich das Präsidium des Verwaltungsrats in seiner Krisensitzung in Salzburg verständigt.
Überraschung im VW-Machtkampf: CEO Martin Winterkorn bleibt im Amt, sein Vertrag soll sogar verlängert werden.
Das teilte die Volkswagen AG in Wolfsburg mit und verwies dabei auf eine Entscheidung des Vewaltungsrats-Präsidiums.
Piëch liess sich im «Spiegel» zitieren
Die sechsköpfige Kerngruppe des Aufsichtsrates liess verlauten: «Das Präsidium legt grossen Wert darauf, dass Herr Professor Dr. Winterkorn seine Funktion als Vorsitzender des Vorstands auch weiterhin so aktiv und erfolgreich wie bisher verfolgt und hat hierbei die uneingeschränkte Unterstützung des Gremiums.»
Das Präsidium werde dem Aufsichtsrat vorschlagen, den Vertrag von Winterkorn in der Aufsichtsratssitzung im Februar 2016 zu verlängern. Der Kontrakt des bestbezahlten Managers läuft Ende 2016 aus.
Bis zu der Mitteilung stand Winterkorn erheblich unter Druck, nachdem der VW-Patriarch und Aufsichtsratsvorsitzende Piëch mit einem Zitat im «Spiegel» von Winterkorn abgerückt war. «Ich bin auf Distanz zu Winterkorn», hatte das Nachrichtenmagazin Piëch am vergangenen Freitag zitiert.
Winterkorn galt als Piëch-Nachfolger
Die VW-Führung äusserte sich damit zum ersten Mal in dem seit knapp einer Woche schwelenden Machtkampf. Am Donnerstag war der engste Kreis des Volkswagen-Aufsichtsrats bei einer Sondersitzung in Salzburg zusammengekommen. Auch Winterkorn war mit von der Partie.
Schlacht noch nicht zu Ende
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Der Machtkampf bei Volkswagen ist aus Sicht des Autoexperten der Uni Duisburg-Essen, Ferdinand Dudenhöffer, noch nicht zu Ende: «Die Schlacht ist noch lange nicht geschlagen.» Er bezeichnete die geplante Vertragsverlängerung als «Etappensieg» für Winterkorn. Es sei ein «Signal, um zunächst einmal wieder Ruhe in den Konzern zu bringen».
Bei dem Sondertreffen in Salzburg ging es nach Informationen der dpa auch um strategische Fragen rund um den Kurs des Vorstands. VW hat derzeit etwa massive Probleme auf dem wichtigen Markt in den USA.
Winterkorn galt bis zu der Kritik Piëchs als gesetzter Nachfolger des VW-Patriarchen. Neben der Distanz-Ansage zitierte der «Spiegel» Piëch auch mit den Worten: «Ich strebe an, dass an die Spitze des Aufsichtsrats und des Vorstands die Richtigen kommen.»
Mit der Arbeitnehmerseite im Verwaltungsrat und den zwei Vertretern des VW-Grossaktionärs Niedersachsen auf der Kapitalseite hatte sich aber eine Allianz zu Winterkorn bekannt. Der Sprecher des Porsche-Familienzweigs, Wolfgang Porsche, hatte Piëchs Äusserungen als «Privatmeinung» bezeichnet. Einen Treueschwur für Winterkorn sprach Wolfgang Porsche aber nicht aus.
Die Mängelliste des Volkswagen-Konzerns
Schwache Rendite
Die Ertragskraft der Kernmarke VW schwächelt, weil bei ihr ein Grossteil der hohen Entwicklungskosten anfallen, von denen andere Marken wie Seat und Skoda profitieren. Vom Umsatz blieben zuletzt magere 2,5 Prozent beim Betriebsgewinn hängen. Die Marke mit dem VW-Logo ächzt unter einer zu grossen Zahl an Ausstattungsvarianten und Fahrzeugmodellen. Dadurch muss VW gegen hohe Kosten kämpfen, kann seine Wagen jedoch als Massenhersteller nur zu erschwinglichen Preisen verkaufen.Auch die anderen Pkw-Marken schöpfen nach Meinung von Experten die Möglichkeiten nicht aus, die ein Konzern von der Grösse Volkswagens bietet. Zwar profitieren die Wolfsburger bei den Kosten immer mehr von der Baukastentechnik, auf der nun auch der neue Passat und der Familienwagen Touran basieren. Doch tanzt nach Wahrnehmung des Betriebsrats noch so manche Marke bei der Gleichteilestrategie aus der Reihe. Betriebsratschef Bernd Osterloh glaubt, dass VW wesentlich mehr als die angekündigten fünf Milliarden einsparen könnte, wenn sich alle an die Vorgaben hielten. Insidern zufolge will VW über alle Marken hinweg zehn Milliarden Euro sparen.
Laues USA-Geschäft
Auf dem wichtigen Markt USA fristet VW ein Nischendasein – obwohl die Wolfsburger in Chattanooga ein neues Werk errichtet haben. Die Aufholjagd ist ins Stocken geraten, bevor sie richtig angefangen hat. Denn der extra auf den Geschmack der Amerikaner abgestimmte Passat verkauft sich nur schleppend, weil die Konkurrenz ihre Modelle schneller erneuert. Zudem hat VW im Land der Strassenkreuzer und Geländewagen keine entsprechenden Modelle im Angebot. Das rächt sich jetzt, da die Benzinpreise niedrig sind. Die von Winterkorn angekündigten grossen SUV kommen erst 2016/2017. Bis dahin könnte VW jenseits des Atlantiks vollends ins Abseits geraten, fürchten Experten.
Zu stark in China?
Auf dem weltgrössten Automarkt kann VW dagegen seine ganze Stärke ausspielen. In der Volksrepublik China sind die Wolfsburger mit fast 40 Prozent Marktführer. Die Stärke kann sich jedoch schnell in ein Risiko verwandeln. Denn der chinesische Markt wächst bei weitem nicht mehr so rasant wie noch vor einigen Jahren. In den ersten Monaten 2015 sanken die Absätze der Kernmarke VW sogar.
Südamerika
In Südamerika, wo VW einst der Konkurrenz davonfuhr, schrumpft der Absatz seit einiger Zeit dramatisch, weil sich VW zu lange auf dem Erfolg der vergangenen Jahre ausgeruht hat. Ferdinand Piëch soll dies neben anderen Themen im Aufsichtsrat offen angeprangert haben.
Schwere LKW-Allianz
Die von Aufsichtsratschef Piëch geforderte Allianz der beiden Lkw-Töchter MAN und Scania kommt nur schleppend in Gang. Das soll der von Daimler zu VW gewechselte Lkw-Boss Andreas Renschler ändern. Ihm hat Piëch bereits zu Beginn seiner Amtszeit einen Dämpfer verpasst, als er seinen Wunsch, die geplante Lkw-Holding in Frankfurt anzusiedeln, nicht erfüllte.
Keine Billigautos
Seit Jahren versucht VW vergeblich, im Billigsegment Fuss zu fassen. Die Hoffnungen, dies zusammen mit Suzuki zu schaffen, sind geplatzt, weil sich der japanische Kleinwagenspezialist von VW dominiert sah. Aus der angestrebten Partnerschaft wurde ein Rosenkrieg. Währenddessen machen andere wie der französische Konkurrent Renault mit seiner Billigtocher Dacia das Geschäft.
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