Jayne Pilling hat sich ganz dem britischen Animationsfilm verschrieben. Sie hat selbst Filme produziert, kuratiert auf der ganzen Welt Festival-Programme, unterrichtet, schreibt über Animationsfilme und rief 1996 den British Animation Award ins Leben.
Und doch habe sie zuerst gezögert, für das Fantoche-Festival einen Programm-Schwerpunkt über den Brexit zu kuratieren, sagt sie: «Der Brexit ist ja noch nicht passiert. Es gibt noch keine Filme darüber. Ich musste deshalb Filme suchen, die einen Bezug haben zu diesem Desaster namens Brexit.»
Sand in den Augen
Fürs Fantoche hat Jayne Pilling deshalb Filme der letzten Jahrzehnte ausgewählt, die sich auf irgendeine Weise mit dem britischen Seelenzustand beschäftigen.
Zum Beispiel «The Sandman» von 1991: Ein Klassiker des britischen Animationsfilms, in dem ein böser Sandmann schlafenden Kindern Sand in die Augen streut und ihnen das Augenlicht raubt.
Aus heutiger Sicht, meint Jayne Pilling, könne der Film auch als Parabel gesehen werden auf den Brexit-Abstimmungskampf. Und eine junge Generation von Briten, der die Zukunft gestohlen wurde.
Filme aus der goldenen Zeit der britischen Animation
Genau das sei eine der Stärken des Animationsfilms: «Auch wenn gewisse Animationsfilme veralten: Viele erhalten eine neue Bedeutung, je nach Kontext, in dem man sie anschaut.»
Diesen neuen Blick auf den britischen Animationsfilm will Jayne Pilling am Fantoche ermöglichen – mit einer Auswahl von rund 30 kurzen und langen Filmen. Viele stammen aus der goldenen Zeit der britischen Animation: den 1980er- und 90er-Jahren. Am bekanntesten sind wohl die Knetfiguren Wallace und Gromit oder auch die knuddeligen Zootiere aus «Creature Comforts».
Damals räumte der britische Animationsfilm Preis um Preis ab und galt als das Mass aller Dinge – künstlerisch und kommerziell.
Düstere Aussichten
Mit dem Erfolg wurden auch mehr Fördergelder gesprochen. Jayne Pilling spricht von einem Schneeball-Effekt. Dabei dürfe man aber eine wichtige Gruppe nicht vergessen: «Viele ausländische Talente kamen hierher und fanden kreative Möglichkeiten.»
Mit dem Brexit hat sich das Blatt gewendet. Europäische Fördergelder werden wegfallen. Jayne Pilling blickt eher pessimistisch in die Zukunft: «Talente gehen dorthin, wo sie sich entfalten können. Ich bin nicht so sicher, ob sie in Grossbritannien bleiben.»
Sendung: Radio SRF 2 Kultur, Kultur kompakt, 6.9.2017, 17.08 Uhr