Im Vergleich zum deutschsprachigen Ausland wird in Italien wenig gelesen, obwohl der Buchmarkt dank zahlreicher Übersetzungen sehr vielfältig und attraktiv ist. Lediglich die grossen Bestseller gehen leicht über die Ladentheke.
Den italienischen Verlagen macht zudem der Bücherklau zu schaffen. Das illegale Herunterladen und Kopieren von Printmedien: Dieses verbreitete Phänomen wird in Italien «Pirateria» genannt – das Piratentum.
Piraten richten grossen Schaden an
Das italienische Sozialforschungsinstitut IPSOS legt jedes Jahr ein neues Schwarzbuch zum Phänomen der «Pirateria» vor. So auch dieses Jahr: Dem aktuellen Bericht zufolge wurden 2023 rund 300'000 Akte von Piraterie mehr verzeichnet als noch im Vorjahr.
Der neue Bericht des IPSOS basiert auf anonymen Umfragen. Das Schwarzbuch nennt beeindruckende Zahlen: Im vergangenen Jahr haben die italienischen Buch-, Zeitschriften- sowie Zeitungsverlage schätzungsweise Einnahmen von rund 705 Millionen Franken verloren. Das sind etwa 28 Prozent des totalen Jahresumsatzes aller Printmedien in Italien. Der Verlust an Steuereinnahmen des Staates durch diese nicht verkauften Printmedien beläuft sich auf zirka 180 Millionen Franken.
Nur ein Kavaliersdelikt?
Dabei darf nicht vergessen werden, dass die «Pirateria» illegal und somit strafbar ist. Doch anscheinend, so Nando Pagnoncelli, Präsident des IPSOS, «existiert in Italien die weitverbreitete Meinung, dass es sich bei diesem Diebstahl geistigen Eigentums um eine Art Kavaliersdelikt handelt».
Dem Schwarzbuch zufolge hat im vergangenen Jahr jeder dritte Italiener mindestens einmal ein Printmedium illegal heruntergeladen. Etwa 20 Prozent davon luden sich E-Books illegal auf ihre Computer oder E-Reader. 16 Prozent erhielten den Inhalt von E-Books durch Freunde und Familienangehörige und 8 Prozent fotokopierten Bücher, um diese an andere weiterzugeben.
Den Buch-Piraten drohen strengere Strafen – eigentlich
Dieses Diebstahlphänomen scheint auch unter Studierenden weit verbreitet zu sein: Laut dem Schwarzbuch haben sich fast 80 Prozent aller befragten Studierenden der kriminellen Printmedien-Piraterie schuldig gemacht.
Strafbar machten sich auch viele Menschen in hochrangigen Berufen: Ungefähr 30 Prozent aller Anwälte, Architektinnen und Mediziner gehören zur «Pirateria».
Dem Gesetzgeber ist dieses Phänomen bekannt, doch er handelt nicht konsequent genug. Die Verlage üben deswegen zunehmend mehr Druck auf die Behörden aus: Sie wollen, dass entschiedener gegen die Straftat der Buch-Piraterie vorgegangen wird.