«Pssssst, willst du Malware kaufen? Ich bin Hacker. Bei mir kriegst du Rootkits für nur fünf Franken.» Eine zwielichtige Gestalt, die schwarze Kapuze tief in die Stirn gezogen, deutet auf einen Korb. Er ist voll mit Wurzelgemüse.
Diese Szene spielt sich am vergangen Samstag auf dem Basler Dreispitzareal ab. Vor dem Haus der elektronischen Künste (HeK) geht der erste Internet-Yami-Ichi über die Bühne. Das heisst so viel wie Internet-Schwarzmarkt.
Hinter dem Hacker verbirgt sich der Musiker und Medienkünstler Kent Clelland. Mit dem Wurzelgemüse spielt er auf den digitalen Namensvetter an.
Ein Rootkit schleust Schadprogramme (auf Englisch Malware) unbemerkt in einen Computer. Das Rootkit will Clelland nun unter die Leute bringen. In Form einer Papiertüte – gefüllt mit Rüben, Randen und Sellerie.
Das Web in analoger Form
Links zum Thema
Das japanische Künstlerkollektiv IDPW rief den Internet-Yami-Ichi im Jahr 2012 in Tokio ins Leben. Die Gruppe um den Multimediakünstler Shunya Hagiwara will damit gegen die wachsende Digitalisierung und den Einfluss der grossen Internetkonzerne wie Google und Facebook protestieren.
Inzwischen fanden bereits mehr als zehn Internet-Schwarzmärkte auf der ganzen Welt statt. Nun holte sich das HeK den Event als Rahmenprogramm zur Vergabe des net.based Awards – einem Preis für netzbasierte Kunst – nach Basel.
Projektleiterin Jana Honegger, erkennbar am Kopfschmuck in Form eines Mauszeigers, organisierte den Anlass: «Im Internet findet sich viel Gutes, aber auch anstössige oder ärgerliche Dinge. Mit dem Internet-Yami-Ichi bringen wir das digitale Angebot in eine analoge Form.»
Hier wird das Design erwürfelt
An rund 20 Ständen bieten Aussteller ihre internetartigen Waren feil. Auch das Darknet ist an einem Stand vertreten.
Gruslige Dinge wie ein echtes, eingeschweisstes Rinderherz als Symbol für den illegalen Organhandel finden sich neben Spielzeugpistolen und Globuli aus dem Glas zum selber Abfüllen.
An manchen Ständen müssen die Besucher aktiv werden: Man kann zum Beispiel auf Postkarten gedruckten Spam verschicken. Oder Emojis aus Bügelperlen basteln.
Beim Offline-Wikipedia stehen Lexika aus dem Jahr 1983 zur Verfügung. Begriffe bitte von Hand suchen, ausschneiden und einrahmen. Sofern sie überhaupt zu finden sind. Die Standbetreiberin erklärt: «Die Herausforderung ist es, Begriffe zu suchen, die hier noch nicht drin sind. Internet ist zum Beispiel in dieser Ausgabe noch gar nicht vorhanden.»
Am Stand des Zürcher Museums of Digital Art MuDA kann man T-Shirts mit einem Muster besticken. Das Design wird digital am Computer erstellt – mithilfe von selbst zusammengewürfelten Zahlenwerten. Auch andere Stände bieten Kunst- und Designobjekte zum Kauf an, die in der Gestaltung von der digitalen Welt inspiriert wurden.
Protest mit einem Augenzwinkern
«Yami» bedeutet so viel wie dunkel oder schwarz. Der Begriff steht im Japanischen aber auch für Fetisch. Der Internet-Yami-Ichi bedient Leute, die vom Internet ein bisschen besessen sind.
Die Grundidee der Erfinder – ein Protest gegen die wachsende Digitalisierung – erschliesst sich dem Besucher mit einem Augenzwinkern. Sowohl Aussteller wie Publikum geniessen es, das Internet mal gehörig auf die Schippe zu nehmen.