Im Gewächshaus am Forschungsinstitut für biologischen Landbau FiBL in Frick beginnt die nächste Etappe eines mehrjährigen Forschungsprojekts. Im Zentrum steht eine unscheinbare Pflanze: Die Wasserlinse.
Für viele ist sie ein Unkraut, das Teiche überwuchert. Selbst der Studienleiter und Biologe Timo Stadtlander unterschätzte die Pflanze. Doch er wurde eines Besseren belehrt.
Aus Mist mach Gold
Denn in den Wasserlinsen steckt viel pflanzliches Eiweiss. Manche Arten enthalten bis zu 45 Prozent Protein, wenn man das Wasser nicht mitrechnet, das den bei Weitem grössten Bestandteil der winzigen Blättchen ausmacht.
Wasserlinsen sind somit ähnlich proteinreich wie Soja und könnten ebenfalls als Kraftfutter für Schweine und Hühner verwendet werden. Doch im Gegensatz zu Soja, das auf Äckern gedeiht, kann die Wasserlinse sogar auf Gülle wachsen.
Ideales Kraftfutter
Denn neben Wärme und Sonnenlicht brauchen Wasserlinsen vor allem viele Nährstoffe wie Stickstoff und Phosphor. Diese bauen Wasserlinsen in sich ein und werden dadurch zu einem idealen Kraftfutter.
Gülle sei aber auch ein potentieller Gefahrenstoff, in dem Krankheitserreger und Schwermetalle enthalten sein können, sagt Stadtlander. Er will herausfinden, ob die Wasserlinsen Krankheitserreger und Schwermetalle aus der Gülle herausfiltern und in sich speichern. Das könnte das Aus für die Wasserlinsen als Tierfutter bedeuten.
Abhängigkeit von Sojaimporten vermindern
Finanziert wird die Studie vom Bundesamt für Landwirtschaft. Denn die Behörden sind auf der Suche nach einer Alternative zum ausländischen Soja.
Rund 300'000 Tonnen werden davon pro Jahr in die Schweiz importiert und als Kraftfutter in der Tiermast verwendet. Louis Tamborini vom BLW hofft, dass in der Schweiz produzierte Wasserlinsen das ausländische Soja irgendwann teilweise ersetzen könnte.
Wasserlinsen wachsen auch auf Gülle
Wasserlinsen seien eine geeignete Proteinquelle für Schweine und Hühner, aber auch für die Fischzucht. Ein weiterer Grund für das Interesse ist die Fähigkeit der Wasserlinsen, praktisch die gesamten Nährstoffe aus der Gülle zu entfernen.
Das könnte Gegenden wie etwa dem Kanton Luzern helfen, wo viele Schweine viel Gülle produzieren. Weil die Bauern die stinkende Brühe nicht einfach beliebig auf die Felder austragen können, da ansonsten Gewässer überdüngt würden, wissen sie zum Teil nicht mehr, wohin damit.
«Auf kleiner Fläche könnten wir auf Gülle grosse Mengen an Wasserlinsen produzieren und damit das Problem entschärfen», sagt Tamborini. Davon sei man im Moment aber noch weit entfernt.
Eine Erntemaschine für Wasserlinsen
Tatsächlich wachsen die Wasserlinsen sehr schnell. Auch Timo Stadtlander am FiBL muss zwei Mal die Woche die Hälfte der Wasserlinsen aus den Versuchsbecken entfernen, da sich ihre Menge Innerhalb von drei Tagen verdoppeln.
Das ist Segen und Fluch zugleich. «Wasserlinsen ernten bedeutet viel Arbeit. Muss das ein Mensch machen, wird das sehr teuer» sagt Stadtlander.
Noch viele Hürden
Damit Wasserlinsen preislich mit Soja mithalten können, brauche es automatisiertes Erntesystem. Ein solches wollen Ingenieurinnen und Techniker an der Zürcher Hochschule für angewandte Wissenschaft entwickeln. In grossen Pools testen sie schon bald eine automatisierte Massenproduktion.
Es gibt noch viele Hürden zu meistern, bis Wasserlinsen im grossen Stil produziert werden können. Dann aber könnten übervolle Güllegruben dank Wasserlinsen zu wahren Goldgruben werden.