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Gemeindeversammlung in Münchenstein, vorne Gemeindepräsident Giorgio Lüthi.
Legende: Gemeindeversammlung in Münchenstein. zVg

Basel Baselland Baselbiet auf der Suche nach der wahren Demokratie

Die meisten Gemeinden haben eine Gemeindeversammlung. Nur die fünf Einwohnerrat-Gemeinden kennen das Instrument der Volksinitiative, mit dem ein Anliegen direkt an die Urne gebracht werden kann. Die Frage, ob dieses Recht auf alle Gemeinden ausgeweitet werden soll, wirft grundsätzliche Fragen auf.

Anders als die Gemeinden mit Einwohnerrat kennen sogenannte Versammlungsgemeinden nur das Referendum, nicht aber die Initiative. Anliegen aus der Bevölkerung können über den Paragraphen 68 des Gemeindegesetzes eingebracht werden. Spricht sich die Gemeindeversammlung dagegen aus, ist das Thema erledigt. Denn das Referendum kann nur gegen positive Beschlüsse der Versammlung ergriffen werden, nicht aber gegen negative.

An diesem Umstand stösst sich die Aescher SP-Landrätin Christine Koch. Mit einem Vorstoss im Landrat fordert sie, dass auch in Versammlungsgemeinden eine Initiative möglich ist - dass also auf diesem Weg über jeden Antrag aus der Bevölkerung an der Urne abgestimmt werden muss. Denn an der Gemeindeversammlung könnten ein paar Dutzend Einwohnerinnen und Einwohner ein Anliegen aus der Bevölkerung versenken, kritisiert Koch. Eine Abstimmung an der Urne würde die Bevölkerung besser vertreten, ist sie überzeugt.

«Entscheide müssen Bestand haben»

Anders sieht dies SVP-Präsident Oskar Kämpfer: «Alle Stimmberechtigten können an der Gemeinde-Versammlung teilnehmen. Wer darauf verzichtet, nimmt in Kauf, dass die anderen für ihn entscheiden.» Es sei auch wichtig, dass Entscheide der Gemeindeversammlung einen gewissen Bestand hätten.

Für den Leiter Stabstelle Gemeinden im Kanton Basel-Landschaft, Daniel Schwörer, könne man zwar soziopolitisch zum Schluss kommen, dass eine Urnenabstimmung demokratischer ist als ein Beschluss der Gemeindeversammlung. «Rechtlich stimmt das aber überhaupt nicht», so Schwörer. Er räumt allerdings ein, dass es in der Praxis gewisse Unterschiede gebe. Zum Beispiel weil gehbehinderte, kranke oder abwesende Personen an der Gemeindeversammlung nicht teilnehmen können, wohl aber an der Urnenabstimmung.

Schwörer weist auch darauf hin, dass ein Initiativrecht dem Wesen einer Versammlungsgemeinde eigentlich widerspreche. «Es würde bedeuten, dass derselbe Souverän - also die Stimmbevölkerung - zweimal entscheidet: an der Gemeindeversammlung und bei der Volksabstimmung.»

Über die Einführung des Initiativrechts auch in Gemeinden mit Versammlung entscheidet der Landrat. Die Regierung empfiehlt dem Parlament einen Kompromiss: demnach soll jede einzelne Gemeinde selber entscheiden können, ob sie das Initiativrecht einführt. Ein Kompromiss, mit dem auch die Verfechter der Versammlungs-Demokratie wie Oskar Kämpfer leben könnten.

(Regionaljournal Basel, 17.30 Uhr)

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