«Die Wirklichkeit als Herausforderung», so heisst der neue Essayband des St. Galler Ökonomen Hans Christoph Binswanger. «Wer Wirklichkeit verstehen will, muss sich für ganz andere Bereiche öffnen: für Kunst, Dichtung, ja sogar für Träume um den grossen Herausforderungen der Gegenwart gerecht zu werden», sagt der bald 87-Jährige.
Moderne Alchemie
Es ist nicht das erste Mal, dass Binswanger die Grenzen auslotet. Vor gut dreissig Jahren veröffentlichte der pensionierte Wirtschaftsprofessor der Universität St. Gallen den Band «Geld und Magie – Deutung und Kritik der modernen Wirtschaft anhand von Goethes Faust». Im Fokus standen dabei die Nationalbanken, die Papiergeld schufen ohne über einen Gegenwert zu verfügen, als «moderne Alchemie», bezeichnet dies Binswanger.
«Vorwärts zur Mässigung»
Optimistisch stimmen Binswanger die Versuche, eine ökologische Steuerreform umzusetzen. Die Grundlagen dazu legte der St. Galler Professor in den 1980er-Jahren, als er in einem wissenschaftlichen Aufsatz dafür plädierte, Energie statt Arbeit zu besteuern. In seinen Schriften zur Umweltökonomie plädiert Binswanger aber auch für eine Strategie «Vorwärts zur Mässigung» und für eine «Ökonomie der Dauerhaftigkeit».
Zwölf Jahre St. Galler Gemeinderat
Für den nachhaltigen Umgang mit Architektur setzte sich Binswanger in den späten 1960er- und 1970er-Jahren als St. Galler Stadtparlamentarier ein (er war zwölf Jahre lang Gemeinderat für die FDP und Mitgründer der Umweltliberalen). Unter anderem konnte er verhindern, dass das «Simon-Quartier» zwischen Seeger und dem Bahnhofpärkli in der St. Galler Innenstadt abgerissen wurde.