Eines hat sich auch knapp ein halbes Jahr nach Einführung der Änderungen in der Fernmeldeverordnung nicht geändert: Die Haltungen einzelner Telekomanbietern und der Stiftung für Konsumentenschutz könnten unterschiedlicher kaum sein. Konsumentenschützerin Sara Stalder bleibt dabei: «Man hat den Eindruck, sie probieren die ‹Roaming-Cash-Cow› noch etwas am Leben zu erhalten.»
Schockrechnungen immer noch möglich
In der Kritik ist nach wie vor Anbieterin Salt. Diese foutierte sich seit dem 1. Juli recht erfolgreich um die einzelnen Änderungen in der Verordnung. So wurde beispielsweise eine absurd hohe Standard-Limite für bestehende Kunden festgelegt. Salt setzte diese Limite bei 1000 Franken an, je 500 Franken Telefonie und Daten. Erst per Oktober halbierte die Telekomanbieterin diese Limite auf immer noch sehr hohe 500 Franken, aufgeteilt in je 250 Franken Telefonie und Daten. Damals sagte Salt-Chef Pascal Grieder im Interview mit «Espresso»: «Ich würde sagen, wir haben schnell reagiert.»
Schockrechnungen sind leider je nach Anbieter immer noch möglich.
Das sehen sowohl Konsumentenschützerin Sara Stalder als auch Matthias Hürlimann, Leiter Sektion Telekomrecht beim Bundesamt für Kommunikation Bakom, anders. Hürlimann sagt im Gespräch mit «Espresso» im Dezember: «Wir haben unterschätzt, dass Salt bei Inkrafttreten dieser Bestimmungen in zwei Punkten eine andere Rechtsauffassung hatte.» Dies habe zu den Verzögerungen geführt. Stalder wirft dem Unternehmen weiterhin Salamitaktik vor. 500 Franken als Standard-Limite sei immer noch viel zu hoch. «Schockrechnungen sind leider je nach Anbieter immer noch möglich.»
Bei Salt stellt man sich auf den Standpunkt, es erreiche kaum jemand beide Limiten. Deshalb hielten sich auch die Kosten in Grenzen. Verbesserungsbedarf sieht das Unternehmen in Bezug auf die Standard-Limite darum nicht: «Es ist nicht vorgesehen, diese weiter anzupassen. Bei ‹Unfällen› zeigen wir uns jeweils kulant.»
Konsumentenschutz überlegt sich rechtliche Schritte
Auch in Bezug auf die Gültigkeit der Datenpakete hat Salt sich lange nicht an die Vorgaben gehalten. Erst seit Ende November sind auch bei der drittgrössten Telekomanbieterin die Datenpakete ein Jahr lang gültig. Auch hier gibt Salt an, die Vorgaben anders interpretiert zu haben.
Dort wo es noch Handlungsbedarf gibt, bleiben wir hartnäckig dran und überlegen uns auch rechtliche Schritte.
Für Sara Stalder von der Stiftung für Konsumentenschutz ist das Thema Roaming sicher noch nicht abgeschlossen: «Wir sind leider noch gar nicht zufrieden mit der Situation.» Sie betont aber auch, dass viele Anbieter ihre Hausaufgaben gemacht hätten. Viele haben die Limiten beispielsweise auf je 100 Franken Telefonie und Daten festgelegt. Einzig Sunrise erntet dort ebenfalls Kritik, weil das Unternehmen lediglich eine Standard-Limite für die Daten festgelegt hat, jedoch keine für die Telefonie. Dort droht also eine Kostenfalle. Stalder sagt: «Dort wo es noch Handlungsbedarf gibt, bleiben wir hartnäckig dran und überlegen uns auch rechtliche Schritte.» Und Matthias Hürlimann vom Bakom bilanziert: «Wir haben mit allen Anbietern Lösungen gefunden. Vor diesem Hintergrund sind wir mehr oder weniger zufrieden, doch.»
Man darf also davon ausgehen, dass das Roaming auch nächstes Jahr wieder Thema sein wird im «Espresso».