Die Idee wirkt auf den ersten Blick schräg: Unter dem Label «Coiffeures justes» (Faire Coiffeure) sammeln in Europa seit ein paar Jahren Coiffeur-Salons Schnitthaare. Weil unsere Haare enorm saugfähig sind, können diese in Schläuchen verarbeitet bei Ölkatastrophen als Ölsperren und Barrieren genutzt werden.
Auch in der Schweiz wird immer mehr gesammelt
In der Schweiz sammeln bereits mehrere Dutzend Coiffeursalons die Schnitthaare ihrer Kundinnen und Kunden und schicken diese für das umweltgerechte Recycling nach Frankreich. «Noch kein einziger Kunde hat sein Veto eingelegt», sagt Monique Granacher aus Fislisbach (AG). Sie frage aber trotzdem immer persönlich und informiere so auch über das Projekt.
Granacher ist ausgebildete Naturcoiffeuse und hat Chemikalien und Mikroplastik aus ihrem Salon verbannt. Erst vor vier Monaten hat sie von einem Kunden von diesem Haar-Recycling-Projekt erfahren. Sie sei sofort Feuer und Flamme gewesen und habe unterdessen bereits etwas mehr als drei Kilo Schnitthaare zusammen, sagt Granacher.
Alle Kundinnen und Kunden machen mit
«Die Idee, die natürliche Fähigkeit der Haare, das Fett der Kopfhaut aufzusaugen, bei der Bekämpfung von Umweltkatastrophen einzusetzen, fasziniert alle», meint die Aargauer Coiffeuse. Es habe noch kein Kunde negativ reagiert. Ein Kilo Haar kann, in durchlässigen Schläuchen verarbeitet, mehrmals bis zu acht Kilo Öl aufsaugen.
Monique Granacher hofft, dass immer mehr Kundinnen und Kunden weitere Coiffeursalons auffordern, beim Haarrecycling mitzumachen. Sie glaubt an weiteres Optimierungspotential, zum Beispiel mit einer zentralen Schweizer Haarsammelstelle. So müsste nicht jeder Salon selber Säcke nach Frankreich schicken.
In Mauritius im Einsatz
Das Recycling-Projekt aus Südfrankreich macht aber auch in anderen Ländern Schule. Die «fairen Coiffeure» freuen sich über eine stetig wachsende Lieferanten-Zahl. Rund 50 Tonnen Schnitthaare konnten in den letzten drei Jahren in nicht mehr gebrauchte Orthopädie-Strümpfe abgefüllt und zu schwimmenden Öl- und Benzinsperren verarbeitet werden.
Zwanzig Tonnen davon wurden 2020 nach Mauritius geschickt, nachdem ein Tanker auf Grund gelaufen war und Öl verloren hatte. Das Umweltschutz-Projekt, welches auch Arbeitslose integriert, wird von verschiedenen Meeresschutzorganisationen begrüsst und von der EU finanziell unterstützt.