Gluschtige Kap-Seehecht-Filets wollte ein «Espresso»-Hörer im Aldi kaufen. Auf der Rückseite der Verpackung las er dann allerdings im Kleingedruckten, dass es sich dabei nicht um echte Filets handelt, sondern um ein Fischereierzeugnis aus zusammengesetzten Filets. «Für mich ist dies eine Täuschung des Kunden», findet der Aldi-Kunde. Bei der Bezeichnung Seehecht-Filet erwarte er, ein Stück Filet und nicht eines, dass aus mehreren Stücken zusammengesetzt sei.
Hinweis muss nicht auf Vorderseite stehen
Ist es tatsächlich eine Täuschung? Laut Lebensmittelgesetz ist es verboten, Konsumentinnen und Konsumenten über die Art der Lebensmittel irrezuführen. Dies gilt auch für die Werbung und Fotos. Auch diese müssten der Realität entsprechen, heisst es beim Bundesamt für Lebensmittelsicherheit (BLV).
Bei Fischerei-Erzeugnissen, die den Anschein erwecken, dass es sich um ein gewachsenes Stück Fisch handelt, müsse darauf hingewiesen werden, dass es sich um ein aus Fischstücken zusammengefügtes Produkt handle, so das BLV. Das Problem: Wo dieser Hinweis stehen muss, ist nicht festgelegt.
Aldi: «Entspricht gesetzliche Anforderungen»
Kein Wunder findet man den Begriff «Fischereierzeugnis» bei den Seehecht-Filets von Aldi erst im Kleingedruckten auf der Rückseite des Lebensmittels. Rechtlich ist das zulässig.
Aldi schreibt denn auch: «Sämtliche Angaben und Abbildungen auf der Verpackung unserer Kap-Seehecht-Filets entsprechen vollumfänglich den gesetzlichen Anforderungen. Wie der Beschreibung auf der Kartonverpackung zu entnehmen ist, werden zur Herstellung dieses Produktes nur Filets vom Kap-Seehecht verwendet. Auf der Vorderseite ist zudem das tatsächliche Produkt abgebildet.»
Lücke im Lebensmittelgesetz
Josianne Walpen von der Stiftung für Konsumentenschutz spricht von einer Lücke im Lebensmittelgesetz: «Dieses verlangt nicht, dass die Sachbezeichnung – in diesem Fall ‹Seehecht-Filets, zusammengefügt› – vorne auf der Packung steht, sondern es reicht, dass diese Sachbezeichnung hinten auf der Rückseite bei der Zusammensetzung aufgeführt wird.»
Kantonschemiker auf Tauchstation
Zu beurteilen, ob ein solches Produkt täuschend ist oder nicht, ist Aufgabe der Kantonschemiker. Das Konsumentenmagazin «Espresso» hat mehrere Kantonschemiker angefragt und um eine Einschätzung gebeten. Diese wollten sich jedoch nicht äussern. Nur so viel: Falls eine Täuschung vorliegen würde, würde dies unter das Amtsgeheimnis fallen und wäre nicht für die Öffentlichkeit bestimmt.
Die Stiftung für Konsumentenschutz hat verschiedenen Kantonschemikern schon ähnliche Produkte zur Prüfung vorgelegt. Dabei habe sich gezeigt, sagt Josianne Walpen, dass das Lebensmittelgesetz jeweils sehr grosszügig ausgelegt werde. «Und zwar zum Nachteil der Konsumentinnen und Konsumenten.» Sie findet, dass man das Lebensmittelgesetz so ändern müsste, dass vorne auf dem Produkt unmissverständlich stehen müsse, um was für ein Produkt es sich handle.