Abfall über Jahrzehnte in Gruben kippen und diese dann zudecken – so entstand in der Stadt Solothurn der so genannte «Stadtmist» an der Aare. Eine Altlast, die der Stadt heute schwer auf dem Magen liegt, in der Grösse von 23 Fussballfeldern.
Den Güsel ausbaggern und entsorgen, das würde 295 Millionen Franken kosten. Zu diesem Schluss gelangte eine «Variantenstudie», die vor einiger Zeit durch die Medien geisterte.
Jetzt weiss man: Die Autoren lagen falsch. Das Amt für Verkehr und Tiefbau des Kantons Solothurn liess durch interessierte Unternehmen eine Testsanierung der insgesamt drei ehemaligen Abfallgruben durchführen. Die Unternehmen haben ihre Offerten für eine Totalsanierung eingereicht und die günstigste Variante zeigt: Der Stadtmist lässt sich für 120 Millionen Franken entsorgen – im Vergleich zu den ursprünglichen Kosten eine Einsparung von 60 Prozent.
Die Gründe für die tieferen Kosten:
- Bevor der Deponie-Aushub definitiv entsorgt wird, trocknet man ihn im Boden mittels Belüftung. Dadurch wird das Material leichter. Die Entsorgung kostet viel weniger, weil sich die Kosten auf das Gewicht beziehen.
- Die Entsorgungstarife wurden zu hoch angesetzt. Durch Verhandlungen konnte man sie drücken.
- Eine Totalsanierung kostet Geld, bringt aber auch einen Mehrwert durch die Aufwertung des Landes. Dieser Mehrwert wurde bis jetzt zu tief eingesetzt.
Die Staatskanzlei des Kantons Solothurn teilte am Montag weiter mit, dass der Auftrag für die Totalsanierung der Stadtmist-Deponien an die «Arbeitsgemeinschaft Vision Solothurn» ging. Federführend beim Projekt ist die Firma Eberhard Recycling AG aus Kloten, die bereits an der Sanierung der Sondermülldeponie Kölliken beteiligt war.
Laut Markus Spring, Projektleiter Altlastensanierung Stadt Solothurn beim Amt für Verkehr und Tiefbau des Kantons, handelt es sich bei den 120 Millionen Franken um einen Fixpreis. «Das Risiko liegt beim Unternehmer. Wenn mehr Material aus der Deponie entsorgt werden muss, dann tragen nicht Stadt, Kanton und Bund als Auftraggeber die Mehrkosten», so Spring.
Totalsanierung oder Sicherung?
Stadt und Kanton Solothurn haben bei der Sanierung der Stadtmist-Deponien zwei Möglichkeiten: 1. Totalsanierung 2. Sicherung Bei der Totalsanierung wird das gesamte Material ausgebaggert und entsorgt. Bei einer Sicherung, einer Teilsanierung, bleiben die Abfälle im Boden. Man würde sie aber abdichten, verfestigen und belüften. Dies mit dem Ziel, dass keine schädlichen Stoffe mehr ins Grundwasser gelangen. Stadt und Kanton wollen eine Totalsanierung. Sie hoffen darauf, dass das Bundesamt für Umwelt die gleiche Meinung hat. Denn dann würde der Bund 40 Prozent der Sanierungskosten übernehmen. Stadt und Kanton Solothurn würden die restlichen Kosten zu 20, respektive 40 Prozent tragen. |
Den Bund vom Zahlen überzeugen
Der Kanton Solothurn passt nun die bestehenden Varianten-Studien (Teil-/Gesamtsanierung) mit den neuen Erkenntnissen an. Anschliessend werden diese Berichte beim Bundesamt für Umwelt eingereicht. Markus Spring ist zuversichtlich, dass sich der Bund von einer Totalsanierung überzeugen lässt und er Beiträge aus dem Vasa Altlasten-Fonds (Verordnung über die Abgabe zur Sanierung von Altlasten) spricht.
Parallel zum Verfahren beim Bund laufen die Planungs- und Baubewilligungsverfahren. Spring rechnet damit, dass im besten Fall Mitte 2018 mit den Sanierungsarbeiten begonnen werden kann. 2024 wäre die Sanierung des Solothurner Stadtmists wohl abgeschlossen – zumindest, was den so genannten Deponiekörper angeht, die Masse aus Abfall und Erde.
Nach dem Aushub des Deponiematerials folgt in einer der drei Deponien die Sanierung der CKW-Verschmutzungen. Das Erdreich ist dort bis auf 18 Meter Tiefe mit industriellen Lösungsmitteln verschmutzt, die Chlor enthalten. «Auf einer Fläche von über zehn Fussballfeldern kann man nicht das ganze Material ausheben. Die belasteten Orte werden einzeln saniert, mit welchem Verfahren, ist noch nicht definiert. Diese Massnahme dauert wohl mehrere Jahre. In den 120 Millionen für die Totalsanierung sind diese Kosten aber eingerechnet.»