Das Bündner Wahlsystem ist seit Jahrzehnten umstritten. Für die Gegner, die nun vor Bundesgericht gingen, widerspricht das Wahlsystem der Bundesverfassung und müsse deshalb durch den Proporz ersetzt werden - das vom Nationalrat her bekannte Wahlsystem.
Das Bundesgericht hat nun jeden der 39 Wahlkreise einzeln betrachtet. Das Ergebnis: Bei 32 Wahlkreisen funktioniere der Majorz. Die Kreise seien genug klein, die Wähler und Wählerinnen würden die Kandidierenden persönlich und damit auch Köpfe wählen.
Majorz ein Problem für grosse Wahlkreise
Anders sieht es bei grossen Wahlkreisen aus. Dort entschied das Bundesgericht, dass der Kanton sein Wahlsystem anpassen muss. Betroffen sind die sechs bevölkerungsreichsten Wahlkreise, die knapp die Hälfte der Sitze im Grossen Rat stellen, nämlich 59: Chur, Fünf Dörfer, Oberengadin, Rhäzüns, Davos und Ilanz.
Der Majorz sei dort das falsche Wahlsystem, weil es eben nur funktioniere, wenn die Wähler und Wählerinnen die Kandidierenden persönlich kennen, sagt das Gericht. Das sei nicht mehr der Fall in Wahlkreisen mit mehr als 7000 Personen. Gewählt würden dort nicht in erster Linie Köpfe, sondern die politische Gesinnung - sprich die Partei - stehe im Vordergrund.
Spezialfall Kreis Avers
Speziell ist der Fall des Minikreises Avers. Dort wohnen gerade einmal 160 Personen. Auch hier rechnete das Bundesgericht. Das Ergebnis, sowenig Leute hätten nicht Anspruch auf einen eigenen Sitz.
Die Bündner Politik muss also über die Bücher. Sie muss nach diesem Bundesgerichtsentscheid den Wahlmodus für die Hälfte der Grossratssitze ändern. Die Bündner Regierung schreibt in einer kurzen Mitteilung, Ziel sei, das System bis zu den Wahlen 2022 anzupassen. Wie, ist noch offen, und es braucht eine Volksabstimmung.
Sendebezug: SRF 1, Regionaljournal Graubünden, 17:30 Uhr; habs