Flüchtlingseltern schlagen Alarm. Sie fordern Änderungen bei den heiminternen Schulen in den Asylzentren, wie das «Regionaljournal Graubünden» von Radio SRF berichtete . Die Reaktionen sind unterschiedlich.
Peter Peyer, SP-Regierungsrat: Er ist seit Anfang Jahr Chef des Bündner Migrationsamtes und steht klar hinter dem heutigen Schulmodell für Flüchtlingskinder. «Im Moment haben wir keinen Grund von unserem System abzuweichen», betont Peyer. Man werde aber die weitere Debatte beobachten und dann allenfalls reagieren, denn: «Ich gehe davon aus, dass es entsprechende Vorstösse aus dem Parlament geben wird.»
SP-Grossrätin Sandra Locher Benguerel: Die Lehrerin fordert eine solche politische Debatte. Die Parteikollegin von Peyer will das Thema in den Grossen Rat bringen. Das Bündner Modell mit den Heimschulen sei gut, wenn es darum gehe die Sprache zu lernen oder in der Schweiz anzukommen. «Was aber nicht geht – und was mir schon seit längerem bekannt ist – ist die viel zu lange Verweildauer», sagt Locher. Je länger die Integration an der Volksschule hinausgezögert werde, desto mehr Nachteile entstünden für den Lernweg eines Kindes.
Besser sei es, die Kinder schrittweise zu integrieren – wie Bettina Looser von der pädagogischen Hochschule Schaffhausen gegenüber dem «Regionaljournal» vorgeschlagen habe (siehe unten). Wichtig sei dann die entsprechende Unterstützung der Lehrpersonen und Gemeinden, sagt die SP-Grossrätin.
Beno Niggli, BDP-Grossrat: Der BDP-Parteipräsident betrachtet das heutige System kritisch. «Wenn die Integration nach drei bis vier Jahren nicht stattgefunden und ihre Ziele nicht erreicht hat, dann muss man dieses Programm überdenken». Es sei wichtig, dass die Kinder einen guten Start hätten, dafür seien separate Schulen gut. Für Beno Niggli wäre etwa ein halbes Jahr intensiv Deutsch sinnvoll, bevor Flüchtlingskinder in die Volksschule integriert werden. In der Pflicht stünden auch die Eltern, damit die Integration klappe.
Werner Casutt, Thusis: Nochmals eine andere Perspektive hat der stellvertretende Gemeindepräsident der Gemeinde Thusis. Diese hat in der Volksschule viel Erfahrung mit der Integration fremdsprachiger Kinder. Sie machen in Thusis rund die Hälfte aller Schülerinnen und Schüler aus.
Wir werden nicht gehört.
Flüchtlingskinder, die nicht einmal in der eigenen Sprache lesen und schreiben können, seien ein grosses Problem für die Integration. Wenn diese dem Unterricht nicht folgen könnten, seien die Kinder frustriert «und dann hängen sie ab», sagt Casutt. Die Gemeinde bräuchte in dieser Situation mehr Unterstützung des Kantons.
Werner Casutt wünscht sich deshalb eine bessere Zusammenarbeit mit dem Kanton. «Ich wünsche mir, dass man uns anhört, dass man an der Basis schaut, wo ist das Problem». Sie seien bei diversen Ämtern vorstellig geworden, aber «wir werden nicht gehört». Thusis hätte fremdsprachige Kinder gerne länger in einen Intensivdeutschunterricht geschickt, ein entsprechendes Gesuch sei abgelehnt worden. Mit einem neuen Projekt, Titel «Frühe Kindheit», will die Gemeinde nun fremdsprachige Kinder ab drei so fördern, dass sie mit fünf in den Kinderarten integriert werden können.