Das Engagement von Schindler in Japan kam jüngst nicht wegen guter Geschäftszahlen in die Schlagzeilen. Vielmehr beschäftigt den Luzerner Konzern weiterhin ein tödlicher Unfall. Vor zehn Jahren war ein 16-Jähriger ums Leben gekommen. Der Junge wollte im zwölften Stock den Lift verlassen. Doch obwohl die Türen offen waren, bewegte sich der Lift weiter nach oben.
Japanische Kultur falsch eingeschätzt
Zwar wurde ein Schindler-Mitarbeiter im vergangenen Jahr in dieser Sache nach einem neunjährigen Verfahren freigesprochen. Doch die Staatsanwaltschaft akzeptierte dieses Urteil nicht. Nach dem Unfall stand Schindler in der japanischen Öffentlichkeit während Jahren in der Kritik.
Laut Journalist Jan Knüsel, der die japanische Kultur gut kennt, hat die Firma einen kapitalen Fehler begangen. «Sie hätte vor die Presse stehen und sich bei den Opfern öffentlich entschuldigen und sich auch verneigen müssen.» Das sei ein Ritual, wie es in Japan üblich sei. Man entschuldige sich in jeder Situation – «das ist nicht ein Schuldeingeständnis, sondern ein Ausdruck des Respekts».
Konstruktionsfehler konnten Schindler zwar nicht nachgewiesen werden. Doch das unterschiedliche Verständnis der Gepflogenheiten hatte Folgen: Die Liftgeschäfte in Japan brachen danach ein.
«Vermutlich war das Management damals schlecht beraten», glaubt Knüsel. Dieses habe den juristischen vor den moralischen Aspekt gestellt. «Schindler hat stets betont, den Lift zwar gebaut zu haben, aber für den Unterhalt nicht zuständig gewesen zu sein.» Eine andere Firma habe diese Aufgabe ein Jahr zuvor übernommen.
Aus dem Fehler gelernt – aber zu spät
Vor dreieinhalb Jahren geschah erneut ein Unfall in einem Schindler-Lift, diesmal in einem Hotel. Dabei war eine 60-jährige Angestellte gestorben. Schindler berief eine Pressekonferenz ein, bei der man sich bei den Hinterbliebenen entschuldigte. Doch da war es schon zu spät, glaubt der Japan-Kenner: «2006 wurde der Fehler von Schindler gemacht, und den konnte man 2012 nicht wiedergutmachen.»
Als Grund für den Verkauf des Japan-Geschäfts nennt Schindler den insgesamt geringen Marktanteil. Das Unternehmen führte in dem Land seit rund zehn Jahren nur noch Wartungen durch. Aus dem Verkauf von Neuanlagen hatte es sich nach dem Unfall zurückgezogen. Schindler bleibt vorerst in Japan vertreten, weil noch ein Rekursverfahren hängig ist. Lokale Arbeitsplätze sollen bei Otis erhalten bleiben.