Es begann mit einer Instagram-Story. Ich habe meine Nachbarin im September 2020 öffentlich gefragt, ob wir einmal im herbstlich-kalten Vierwaldstättersee baden wollen. Zu meiner grossen Überraschung war sie dabei und ich konnte keinen Rückzieher mehr machen. Seitdem steigen wir mindestens einmal wöchentlich in den immer kälter werdenden See.
Winterbaden will gelernt sein
Wer winterbaden will, sollte nicht unvorbereitet ins kalte Wasser steigen. Am besten fragt man zuerst beim Arzt nach, ob man dafür geeignet sei. Personen mit Herz-Erkrankungen, hohem Blutdruck oder Asthma sollten auf keinen Fall ins kalte Wasser gehen.
Wichtig ist auch, dass man sich vor dem Baden aufwärmt, keinen Alkohol trinkt und langsam ins Wasser steigt, rät der Sportarzt Jean-Jacques Fasnacht. Auch sollte man nie alleine ins kalte Wasser gehen und sich und seinem Körper Zeit lassen, sich an die kalten Temperaturen zu gewöhnen.
Es prickelt und brennt
Warm eingepackt in Bademänteln gehen wir – mittlerweile zu dritt – jeweils an den See. Der Einstieg geht nur langsam. Zuerst prickelt und brennt es und teilweise schmerzt es sogar. Sobald dieser Schmerz aber überwunden ist, fühlt man die Kälte nicht mehr und mit tiefen Atemzügen schafft man es bis zum Hals in den kalten See einzutauchen.
Wichtig sei, dass man in Ufernähe und in Bewegung bleibe, den Kopf über Wasser halte und ruhig atme, rät Jean-Jacques Fasnacht. Hände und Füsse können mit Neopren-Schuhen, beziehungsweise -Handschuhen, vor der Kälte geschützt werden. Auch gibt es eine Faustregel, was die Dauer des Winterbadens betrifft: Wasser-Temperatur (in Grad über Null) = Dauer (in Minuten). Wenn das Wasser also 5 Grad kalt ist, sollte man nicht länger als 5 Minuten drin bleiben.
Winterbaden hat positive Auswirkungen auf den Körper
Wer ins kalte Wasser steigt, versetzt seinem Körper einen Kälteschock: Die Durchblutung steigt sofort an und der Körper stellt auf Notversorgung um. Dabei schüttet er Adrenalin und schmerzlindernde Glückshormone aus. Mehrere Studien kommen zudem zum Schluss, dass Winterbaden auch eine Vermehrung von weissen Blutkörperchen auslöst, welche für die Abwehr von Bakterien und Viren zuständig sind.
Glückshormone werden ausgeschüttet
Dass der Körper Glückshormone ausschüttet, bemerkt man sofort. Sobald wir wieder an Land, trocken und warm in unseren Bademänteln eingepackt sind, steigt die Laune schlagartig an. Der Körper prickelt, man fühlt sich lebendig und fast wie frisch verliebt. Die gute Laune hält noch stundenlang nach dem kalten Bad an. Wir geniessen die Glückshormone danach daheim mit einem warmen Getränk.
Alle dürfen, keiner muss
Wer es wagt, sich selber mit einem Winterbad herauszufordern, wird definitiv belohnt. Nicht nur mit Glückshormonen, sondern auch mit motivierenden Kommentaren, wenn man den kalten «Schwumm» danach auch auf Instagram postet. Man muss dann aber auch damit leben, dass man von gewissen Personen als «eine Mischung aus «Plöffsack» und «Spinnerin» betitelt wird.