Martin Niedermann ist 1961 in Interlaken geboren. Seit 2005 ist er professioneller Geschichtenerzähler. Inzwischen hat er über 200 Märchen, Sagen und Geschichten für jede Altersstufe in seinem Repertoire. Er selbst liebt Geschichten und möchte mit seinen Erzählungen auch etwas vermitteln.
«Die Sagen aus dem Lauterbrunnental sind deshalb speziell, weil das Walserdorf gerne unter sich war und seine Traditionen und Geschichten bewahren wollten», erzählt Martin Niedermann. Einwanderer aus dem Lötschental mit ihrer Walserkultur und alemannische Siedler mit ihrer nordisch geprägten Mythologie haben den Sagenschatz geprägt. Er ist vielfältig und hat sich lange Zeit erhalten.
Erstes Sagen-Museum in Lauterbrunnen
Im Talmuseum wird gezeigt, wie sich der Alltag und die Arbeit in den vergangenen Jahrhunderten in Lauterbrunnen abgespielt hat. Seit letztem Sommer wurde das Museum durch Sagen und Mythen ergänzt. Neu kann man sich durch audiovisuelle Darstellungen die Geschichten auch anhören.
Martin Niedermann gehört zu den Mitbegründern und Botschaftern des ersten Sagen-Museums der Schweiz. An besonderen Erzählabenden nimmt der Sagenerzähler seine Zuhörer mit auf eine Reise durch das mystische Lauterbrunnental.
Sagen aus dem Lauterbrunnental
Die weisse Frau am Mattbach
Ein Bauer sah, dass unten am Fluss eine weisse Frau ihr Geld wusch. Sie flehte ihn an, er solle ihr Geld nehmen und damit ihre Seele erlösen. Der Bauer aber rannte nach Hause und legte sich für drei Tage ins Bett. Seine Angst, die weisse Frau würde wieder kommen, war zum Glück unbegründet.
Der Schafhirt und die Kröte
In der Feuerbalm, einer Fluh beim Schwarzmönch, war Gold versteckt. Früher kam von Zeit zu Zeit ein seltsamer Fremder nach Stechelberg, weil er wusste, dass er dort Gold finden würde. Für den gefährlichen Weg nahm er jeweils einen Schafhirt mit. Als der Schafhirt auch vom Gold nehmen wollte, sprang ihm eine hässlich Kröte auf den Handrücken und spritze Gift.
Das Toggeli
Matthäus war ein junger, starker Bursche, der im Winter am Talende der Wengerseite das Heu verwertete. Er schlief oben im Hirtenstübli, aber sobald er das Licht löschte, kam häufig das Toggeli zu ihm. Es raubte ihm regelmässig den Schlaf. Matthäus konnte das Toggeli nicht packen und auch das Abschliessen der Türe half nichts. Sein Nachbar, der alte Bauer, half dem jungen Burschen das Toggeli zu vertreiben.
Ein Zwerglein pachtete eine Kuh
Im Herbst wollte ein Zwerglein von einem armen Bauern im Lauterbrunnental eine Kuh für den Winter ausleihen. Im Frühling wollte er es dann mit Pachtzinsen zurück geben. Der Bauer gab ihm die magerste Kuh. Im Frühling brachte das Zwerglein die wohlgenährte und starke Kuh mit samt Kalb zurück. Als Pachtzins bekam der Bauer, was er zwischen den Klauen der Kuh fand. Die Gerstenkörner, die er dort sah, wollte er im Herbst aussäen. Im Herbst waren die Körner zu Gold verwandelt.
Die güldene Kuhschelle
Auf der Sulsalp fand vor vielen Jahren ein Hirt ein kleiner Schlüssel. Er suchte nach dem entsprechenden Schlüsselloch und fand es in einem Felsen. In einer riesigen Höhle im Berg sah er Gold, Silber und eine Jungfrau, die seit über 100 Jahren auf ihren Erlöser wartete. Ein Topf voll Gold und eine goldene Kuhschelle langen vor der Jungfrau. Der Hirt musste sich zwischen den Gegenständen und der Jungfrau entscheiden. Er wählte die goldene Kuhschelle, was er kurz darauf bitter bereute.