Ja, richtig gehört, es gibt schon wieder ein neues Bilderbuch-Album! Obwohl die letzte Scheibe der Wiener, «Mea Culpa», erst wenige Wochen alt ist, liefern die vier Musiker diesen Freitag erneuten Nachschub in Albumlänge.
Dieser Doppel-Release ist aber nicht etwa ein unglücklicher Zufall, sondern wurde genau so von langer Hand geplant: «‹Vernissage My Heart› ist eine sehr positive Platte. Während ‹Mea Culpa› sehr nach innen ging und von Liebe handelte, die man mit einer einzigen Person teilt – vielleicht sogar mit sich selbst – geht es beim neuen Album vor allem um die Freundschaft. So à la einander die Hand reichen, gemeinsam einen Geist bilden … alles ziemlich hippie-esk!», erzählt uns Bilderbuch-Sänger Maurice Ernst im Interview.
Und das mit diesem «Gemeinschaftsgefühl», das meinen Bilderbuch wirklich ernst. Den Release begleitet eine virale Kampagne, mit welcher die Band aus Wien auf ihrer Webseite digitale EU-Pässe für jedermann ausstellt. «Werde Teil der europäischen Familie», fordern Bilderbuch ihre Fans dort auf. Ein Foto-Upload reicht und schon ist man dabei.
«Auf ‹Vernissage My Heart› geht’s viel um Freiheit. Und wenn man dieses Wort in den Mund nimmt, dann muss man es auch musikalisch leben. Eine Platte machen, die relativ normal ist und dann von Freiheit singen – das geht einfach nicht!», erzählt uns Maurice.
Und wer seine künstlerische Freiheit wirklich ausleben möchte, der veröffentlicht Songs, die über neun Minuten lang sind – so wie im Fall von «Europa 22», dem Soundtrack zur EU-Pass-Aktion der Band: «Eigentlich war der Song sogar 12 Minuten lang! Das ist für mich ein Zeichen von ‹Keiner hat uns was zu sagen!›», so Maurice weiter.
Warum sich das Überraschungsalbum aus dem Nichts finanziell nicht lohnt
Auch die unkonventionelle Veröffentlichungsstrategie ihrer Musik ist ein Zeichen dafür, dass Bilderbuch ihre Freiheit auskosten.
Wir sind zwar keine Hip-Hopper, aber wieso dürfen nicht auch wir unsere Musik einfach hinstellen?
«Mea Culpa», den ersten Teil ihres «Doppelalbums», veröffentlichte die Band letzten Dezember mehr oder weniger aus dem Nichts. Ohne Vorabsingles, ohne Tamtam im Vorfeld: «Warum nicht einfach mal eine Platte über Nacht auf Spotify heraushauen? Wir sind zwar keine Hip-Hopper, aber wieso dürfen nicht auch wir unsere Musik einfach hinstellen?», so Maurice. «Das hat uns gereizt und wir wollten das einfach mal probieren – mit dem Wissen im Hinterkopf, dass das vielleicht nur 20 Prozent der Leute mitbekommen.»
Und wie urteilt Maurice ein paar Wochen später über diese Aktion? «Finanziell hat sich das sicher nicht gelohnt. Aber das war auch überhaupt nicht der Punkt.»
So stand für Bilderbuch bei diesem Release etwas anderes im Vordergrund: «Wir haben uns so direkt unseren Fans zeigen können. Wir haben ihnen nicht etwas verkauft, sondern etwas gegeben. Im Grunde genommen haben wir ja einfach Musik verschenkt. Und das ist einfach ein geiles Gefühl!»
Offensichtlich regiert das Geld nicht die Welt der Wiener Band: «Wenn man mal kurz innehält und feststellt ‹Wow, auch wenn's nicht immer durch die Decke geht… Ich kann Musik machen, genau so wie ich will, und damit sogar die Miete zahlen›, dann ist das ja eigentlich schon der totale Traum!»
Pop muss man entweder wollen – oder es ist die pure Gier. Und leider habe ich diese Gier einfach nicht.
Und genau darum möchte der Frontmann der Wiener Band sich auch nicht permanent nach oben «ellbögeln»: «Ich habe viel über Pop nachgedacht und dabei festgestellt: Pop muss man entweder wollen – oder es ist die pure Gier. Und leider habe ich diese Gier einfach nicht. Dazu kommt, dass ich monetär nicht so motivierbar wäre, dass ich wie ein Capital Bra jeden Tag einen Song mache, nur weil ich ‹Money einfach geil finde›. So etwas motiviert mich einfach nicht.»
Komplimente aus der gleichen Ecke nehmen Bilderbuch aber gerne mit: «Das Geilste was du bekommen kannst, ist ‹Respect›. Yung Hurn hat uns am Release-Tag von ‹Mea Culpa› geschrieben, dass das eine der schönsten Platten ist, die er in letzter Zeit gehört hat.»
«Vernissage My Heart» erscheint am 22. Februar 2019 via Maschin Records.