Japans Tenno – oder Kaiser, wie er im Deutschen genannt wird – ist Symbol des Staates, der Kontinuität und Zuverlässigkeit. Er vermittelt Hoffnung, das Gefühl der Geborgenheit. Staatsoberhaupt aber ist er laut Verfassung keines. Seine politischen Aufgaben sind unter anderem auf die Eröffnung des Parlaments oder den Empfang von Staatsgästen beschränkt. Der Kaiser hat stattdessen vor allem religiöse Pflichten, er ist Oberpriester des Ahnenkults Shinto. Er soll für die Versorgung des Landes beten und dafür entsprechende Riten vollführen.
Akihito, Fisch-Experte ohne Diplom
Akihito, der aktuelle Kaiser, lebt nicht wie seine Vorgänger in einem goldenen Käfig. Er ging normal zur Schule, studierte, schloss aber nicht mit einem Titel ab. Trotzdem gilt er als Experte im Fach Meeresbiologie, veröffentlichte mehrere wissenschaftlich anerkannte Schriften zu Grundeln (ein Verwandter der Barsche). Akihito leiht gar einer speziellen Grundelart seinen Namen.
Der Kaiser gibt sich, anders als ein Vater, volksnäher und ist mit Kaiserin Michiko unermüdlich auf Reisen. Ihre Liebe begann auf dem Tennisplatz, 1959 gaben sie sich das Jawort. Skandale über die Ehe, die laut Traditionalisten nicht hätte geschlossen werden dürfen – Michiko stammt aus bürgerlichem Hause –, sind bislang nicht durch die dicken Palastmauern gedrungen.
Inzwischen ist Akihito 80-jährig und gesundheitlich angeschlagen. 2003 musste er wegen Prostatakrebs unters Messer, eine Bypass-Operation folgte. 2008 litt er unter stressbedingten Gesundheitsproblemen, hatte Magenbluten.
Kurz vor seinem 80. Geburtstag im vergangenen Dezember brach Akihito mit einer weiteren langjährigen Tradition: Er möchte, im Falle seines Ablebens, nicht mehr beerdigt werden. Er zieht nun eine Feuerbestattung vor, wie es auch im normalen Volk üblich ist. Auch veranlasste Akihito, das kaiserliche Familiengrab zu verkleinern – als Zeichen der Bescheidenheit und Nähe zum Volk.
Das Kaiserpaar sprach erstmals offen ihr Leben nach dem Tod – Beobachter werteten dies als versteckte Botschaft des Monarchen an Kronprinz Naruhito (54) und Kronprinzessin Masako (51). «Eure Zeit rückt näher. Seid euch darüber mehr bewusst», kommentierte eine japanische Zeitschrift.
Von «Hard worker Masako» zur gefallenen Kronprinzessin
Doch sind Naruhito und Masako schon bereit? Wohl mehr als auch schon – vor allem die Kronprinzessin scheint ihre zukünftige Rolle als Kaisergemahlin allmählich akzeptiert zu haben.
Das war nicht immer so. Jahrelang ist sie von der öffentlichen Bildfläche verschwunden. Wegen psychischer Probleme.
Der Hintergrund: Bevor Masako Naruhito heiratete und in den kaiserlichen Palast zog, war sie eine erfolgreiche Diplomatin, arbeitete für das japanische Aussenministerium. Ein Leben, das ihr den Spitznamen «Hard worker Masako» einbrachte. Ein Leben, das sie sich auch als Ehefrau Naruhitos wünschte.
Erst als er ihr dies zusicherte, akzeptierte sie seinen Heiratsantrag. 1993 gaben sie sich das Jawort. Wäre es nach Traditionalisten gegangen, würde es auch diese Ehe nicht geben. Wegen ein paar Zentimeter, die Masako ihrem Zukünftigen überlegen ist.
Doch Naruhito konnte sein Versprechen nicht halten und Masako ihr altes Leben nicht fortführen. Stattdessen wurde sie auf ihre «Gebärfunktion» reduziert. Der Familie fehlte schliesslich noch ein Thronfolger. Ein männlicher wohl gemerkt. Nach acht Ehejahren und einer Fehlgeburt dann die vermeintliche Erlösung: Masako brachte 2001 ihr erstes Kind zur Welt – eine Tochter. Masako stürzte daraufhin in eine schwere Depression.
Schliesslich ist es Masakos Schwägerin, Prinzessin Kiko, die mit der Geburt ihres ersten Kindes – ein Sohn – Druck von der gefallenen Kronprinzessin nahm. 2008 zeigte sich Masako erstmals wieder der Öffentlichkeit – bei einem Empfang für das spanische Königspaar. Es folgten weitere Auftritte. Masako hat sich offensichtlich gefangen. Und der Weg für eine neue Ära in der ältesten Monarchie der Welt scheint frei.
(mit Agenturmaterial dpa)