Marco Streller, Sie sind seit etwas mehr als 2 Monaten nicht mehr Fussball-Profi. Hat sich dies schon bei der Kilogramm-Anzeige auf der Waage bemerkbar gemacht?
Streller: Nein, überhaupt nicht. Ich bin ein wenig ein Endorphin-Junkie, das ist einfach so. Ich kann nicht ohne Sport sein. Aber in den Ferien ist es schön, jeden Tag ein Gläschen Wein zu trinken - das gehört doch auch dazu. Ich kann also mit gutem Gewissen sagen, dass ich in den Ferien nicht zugenommen habe (lacht).
Werden die Ferien aber im Wissen, dass man nicht mehr vor dem Trainer auf die Waage stehen muss, anders gestaltet?
Man wird älter und reifer. Und ich weiss mittlerweile, dass ich das für mich mache, für meine Gesundheit. Aber ich hatte in den sechswöchigen Ferien in Florida auch Phasen – in Disney World –, da war ich um 6 Uhr wach und ging joggen. Später sagte ich mir: 'Was machst du da eigentlich? Du gehst joggen in den Ferien, du bist nicht ganz Hugo!'
Genau: Nun hätten Sie doch eigentlich endlich einmal ohne schlechtes Gewissen über die Stränge schlagen können.
Mitsamt der Familie wird dies schwierig. Wir haben aber immer wieder Besuch gehabt und dabei die eine oder andere gute Flasche Wein aufgemacht. Klar, nun habe ich natürlich andere Möglichkeiten. Zum Beispiel an ein Oktoberfest zu gehen, ohne dass ich einen Match habe - da kann man dann schon mal über die Stränge schlagen. Auf das freue ich mich sehr.
Ich habe 3 Wochen lang vom Fussball geträumt.
Wie hart ist die Saisonvobrereitung bei den Senioren des SC Dornach?
Ich habe gerade mein erstes Training (am Mittwoch der vergangenen Woche, das Interview fand am Tag darauf statt, Anm. d.Red.) hinter mir, es war sehr hart. Die meisten haben mindestens in der 1. Liga gespielt, die können kicken. Es ist schön: Es geht nicht um Prestige und Geld, es geht um die Freude am Fussball.
Was steht nun an? Etwas im Umfeld des FC Basel?
Wir sind noch immer in Gesprächen. Es wird bald entschieden sein. Man darf nicht etwas Alibimässiges machen, das hat der FC Basel nicht nötig und das wünsche auch ich mir nicht. Es muss Sinn machen. Es könnte auf ein Lernjahr hinauslaufen, in dem ich überall ein wenig reinschauen kann.
Einen Job haben Sie bereits gefunden, Sie sind nun Experte bei SRF – wieso?
Ich finde das Team sehr interessant, bereits die ersten Gespräche waren sehr angenehm. Das Analysieren habe ich immer schon sehr gerne gemacht. Ich freue mich riesig. Das Schöne daran ist, dass man mal nicht selber bewertet wird, sondern andere bewerten kann. Es ist nicht so, dass meine Meinung die richtige ist. Aber ich kann auf viel Erfahrung – auch aus der CL – zurückgreifen und darüber berichten. Das macht meine Analysen glaubhafter.
Ganz so berührt, wie ich es erwartet hatte, war ich im Stadion nicht.
Wie war das persönliche Empfinden, als der FCB ohne Sie wieder in die Saison gestartet ist?
Bis jetzt geht es. Die ersten 3 Wochen habe ich aber tatsächlich vom Fussball geträumt. Vielleicht habe ich das Ganze auf diese Weise ein wenig verarbeitet. Mir fehlen die Jungs, mir fehlt es, zusammen etwas zu erreichen. Aber das ganze Drumherum nicht. Ich war auch schon im Stadion: Ich habe mich extrem gefreut. Aber ganz so berührt, wie ich es erwartet hatte, war ich nicht. Aber vielleicht wird es in einem halben Jahr ganz anders sein.
Dem FCB läuft es ausgezeichent - auch ohne Streller, Frei und Schär.
Ich kenne unsere Klubleitung schon lange - deswegen bin ich davon nicht überrascht. Die Klubleitung war vorbereitet auf das, was kommen könnte. Dass es so gut funktioniert – immerhin ist eine komplette Schweizer Achse weggebrochen – ist grossartig. Dass dies so schnell geht, hätte ich nicht erwartet. Aber man muss sich auch bewusst sein, dass erst in einer schwierigen Zeit ersichtlich wird, was man verloren hat. Aber ich mache mir keine grossen Sorgen.
Ist die Spannung in der Liga bereits weg?
Es kann schnell gehen im Fussball. Für Basel wäre es schön, wenn es einfach wird. Aber ich denke schon, dass noch eine gewisse Spannung aufkommen kann.
Sendebezug: SRF zwei, sportlive, 12.08.2015, 20:00 Uhr