Ihr Kopf ziert das Klubwappen und sie verleiht dem besten Klub aus Bergamo seinen Namen. Die Rede ist von «Atalanta», der Jägerin aus der griechischen Mythologie. Nicht nur sie ist zielsicher auf der Jagd, sondern auch die Mannschaft aus der Lombardei: In den letzten beiden Saisons schoss sie in 38 Serie-A-Spielen jeweils 90 Tore oder mehr.
Der klare Plan des Trainers
In der aktuellen Spielzeit kommt Atalanta nach 6 Spielen hingegen «erst» auf 8 Treffer und steht damit auf Platz 7. Jammern auf hohem Niveau für einen Klub, der noch 2010 in der Serie B spielte. Grossen Anteil am derzeitigen Erfolg hat Trainer Gian Piero Gasperini. Seit Sommer 2016 ist der Turiner bei den Bergamasken am Ruder und praktiziert mit seinem Team, bei dem der Schweizer Nationalspieler Remo Freuler zum Stammpersonal gehört, den «totalen Fussball»: spektakulär und riskant, meist aber tor- und erfolgreich.
Als Lohn dafür spielt Atalanta seit der Saison 2017/18 stets international, zuerst in der Europa League, nach drei 3. Plätzen in Folge in der Serie A jeweils in der Champions League. In dieser Zeit schrammte «La Dea», die Göttin, zudem zweimal knapp am Cupsieg vorbei.
Norditalienisches Erfolgsmodell
Nebst Trainer Gasperini ist auch die Strategie, die Atalanta unter Präsident Antonio Percassi fährt, verantwortlich für den sportlichen Höhenflug. So zählt ihre Nachwuchsakademie «Zingonia», die etwa Offensiv-Juwel Dejan Kulusevski hervorbrachte, zu den besten in ganz Europa.
Das Geschäft mit einem ausgeklügelten Scouting-System und gewinnbringenden Transfers von jungen Spielern lohnt sich, wie das Beispiel des Schweden zeigt: Als 16-Jähriger aus Stockholm gekommen, absolvierte Kulusevski nur 3 Spiele für Bergamo, ehe ihn Atalanta letztes Jahr für 35 Millionen Euro an Juventus verkaufte.
Im Gegenzug spart Bergamo Geld mit Zuzügen von Spielern mit kleinem Namen und grossem Potenzial. So reiften Robin Gosens – einst für 300'000 Euro vom holländischen Erstligisten Heracles Almelo verpflichtet – oder Joakim Maehle in Bergamo zu Führungsfiguren heran und bekleiden mittlerweile auch in der deutschen und dänischen Nationalmannschaft wichtige Posten. Parallel dazu füllten Abgänge von Bryan Cristante nach Rom oder Timothy Castagne nach Leicester die Kassen in der Lombardei.
Emotionale Premiere
Wenn YB am Mittwochabend in Norditalien gastiert, dürfen erstmals überhaupt im 21. Jahrhundert Zuschauer einem internationalen Spiel in Bergamo beiwohnen. Vorher hatte das Stadion die Uefa-Anforderungen nicht erfüllt und Atalanta musste nach Reggio Emilia und Mailand ausweichen. Mittlerweile ist das Stadion umgebaut, einzig die denkmalgeschützte Haupt- und die Gegentribüne stehen noch. Danach folgte die Pandemie, die Bergamo besonders stark getroffen hatte.
Es wird also eine emotionale Premiere werden. Auch wenn sich mit Atalantas «Curva Nord» vor wenigen Wochen eine der angesehensten Fankurven Italiens nach 23 Jahren aufgelöst hat.