Wie immer gab Thomas Müller den Ton an. «Schnelle Beine, schneller Kopf», forderte der Münchner im Abschlusstraining vor dem Klassiker gegen England lautstark von seinen Kollegen. Und die gaben Gas, trotz schweisstreibender Temperaturen in der gleissenden Sonne im Trainingscamp in Herzogenaurach (GER).
Rückkehrer Müller mag vor dem Achtelfinal im Wembley am Dienstag noch auf seinen magischen EM-Moment warten – sein Wert für das DFB-Team aber ist unbestritten, sein Wort hat Gewicht.
Das ist nicht Tagesordnungspunkt Nummer eins.
«Thomas ist ein richtiger Anführer auf dem Platz», sagt Abwehrchef Mats Hummels, «er ist lautstark und gestenreich, geht voran, initiiert unser Pressing. So einen Typ gibt es nicht so häufig.» Robin Gosens nennt ihn gar «einzigartig – als Mensch und Spieler». Müller sei für die Nationalmannschaft «Gold wert, er hebt uns auf ein höheres Niveau».
Der Blick auf die Statistik gibt so viel überschwängliches Lob nicht her. Müller wartet auch nach seinem 14. EM-Spiel auf das erste Tor. «Das ist nicht Tagesordnungspunkt Nummer 1», sagt er.
Der Unterschied zu den Bayern
Das Hauptziel sei das Weiterkommen – wie 2010, als der damals 20-Jährige die «Three Lions» im Achtelfinal auf dem Weg zur Torjägerkrone mit zwei 2 aus dem WM-Turnier schoss. Müller gibt aber zu bedenken, dass es «mir nichts bringt, wenn ich auf dem Platz meinem Gegenspieler von 2010 erzähle».
Es gehe vielmehr um seine Rolle im deutschen Spiel. Wie beim FC Bayern ist er «viel in den Zwischenräumen unterwegs». Dass er anders als im Klub weniger zum Abschluss kommt, hat zwei Gründe: «Ich bin etwas früher in Ballbesitz, habe mehr die einleitende Rolle, bin der Impulsgeber», sagt Müller.
Havertz und Gnabry machen den Müller
Zudem geht sein erster Pass in München viel häufiger auf den Flügel. Danach hat er Zeit, um mit seinen unnachahmlichen Laufwegen in eine Position zu kommen, aus der er selbst schiessen kann.
In der Nationalelf überlässt Müller diese Räume Kollegen wie Havertz oder Serge Gnabry. Deshalb ist es gut möglich, dass er auch nach seinem 106. Länderspiel auf sein 40. Tor warten muss. Bei einem Viertelfinal-Einzug wird er es verschmerzen.