Am Sonntag ist es soweit: EM-Final vor 60'000 Zuschauern im Wembley. Ein Spiel, wie es sich wohl jeder Fussballer erträumt. Wer weiss schon, ob eine solche Chance je wieder kommt?
Italien und England stehen ohne Niederlage im Endspiel. Während die Mannschaft von Trainer Roberto Mancini im Turnierverlauf mit attraktivem Offensiv-Fussball begeisterte, glänzten die Schützlinge von Gareth Southgate vor allem mit defensiver Stabilität und Pragmatismus. Vor dem Showdown in London drängen sich einige Fragen auf.
Für wen endet die über 50-jährige Durststrecke?
Mit 4 Titeln ist Italien gemeinsam mit Deutschland hinter Brasilien die zweiterfolgreichste Nation an Weltmeisterschaften. An der EURO warten die «Azzurri» aber seit 53 Jahren auf einen Triumph. 1968 stemmte Italien zum ersten und bisher einzigen Mal die EM-Trophäe in die Höhe.
Noch gar keinen EM-Titel zu Buche stehen hat England. Für das Mutterland des Fussballs ist es folglich die allererste Finalteilnahme an einer EURO. Ihren einzigen internationalen Titel holten die «Three Lions» an der WM 1966 im eigenen Land. Nun winkt die Chance, wieder zuhause und wieder im legendären Wembley zu triumphieren.
Wie geht England mit dem Druck um?
Prominente Experten der BBC oder von ITV wie Gary Neville, Rio Ferdinand oder Roy Keane werden nicht müde, Folgendes zu erwähnen: Die Chance für England, den EM-Titel zu holen, wird womöglich nie mehr so gross sein wie jetzt. Einerseits führen die ehemaligen Fussball-Grössen dies auf den für England auf dem Papier – mit Ausnahme von Deutschland – «leichten» Weg in den Final zurück. Andererseits orten Neville und Co. eine nie zuvor dagewesene Anhäufung von Talenten im englischen Kader.
Doch kann England die guten Vorzeichen in den ersten EM-Titel ummünzen? In der Heimat hallt überall «It's coming home» durch die Wohnquartiere. Die Anhänger sind überzeugt, dass der Pokal «nach Hause» kommt. Der Druck auf Harry Kane und Co. ist entsprechend gross. Das könnte zu einem Faktor werden, vor allem, wenn es in eine allfällige Verlängerung oder gar ins Elfmeterschiessen gehen sollte.
Wer hat noch mehr Energie im Tank?
Je länger der Final dauert, desto stärker dürfte auch die Frage nach der Physis ins Zentrum rücken. Hinter beiden Mannschaften liegen kräftezehrende Partien. Vor allem bei Italien war der Tank gegen Ende des Halbfinals gegen Spanien (1:1 n.V., 4:2 n.P.) komplett leer. Zudem hatte die «Squadra Azzurra» bereits im Achtelfinal gegen Österreich über 120 Minuten kämpfen müssen. Den Italienern könnte indes entgegenkommen, dass sie im letzten Gruppenspiel gegen Wales (1:0) zahlreiche Stammkräfte schonen konnten.
England musste bisher nur eine Extra-Schicht einlegen. Rein optisch war die Verlängerung gegen Dänemark (2:1 n.V.) für die Engländer weniger kräftezehrend als jene der Italiener gegen die Spanier. Sowieso war der Weg von England in den Final vermeintlich «einfacher». Dazu kommt, dass die «Three Lions» auf eine hochkarätige Bank zurückgreifen können. Zahlt sich das aus?