Nach ihrem nächsten Meilenstein war Ons Jabeur in Sorge um ihren besonderen Titel. «Ich glaube, ich werde als ‹Ministerin des Glücks› gefeuert», sagte die 28-jährige Tunesierin, nachdem sie gerade ihr Halbfinalticket an den US Open gelöst hatte. «Ich wollte ruhig bleiben, aber der Schläger ist mir immer wieder aus den Händen geglitten.»
In ihrer Heimat wird Jabeur «Ministerin des Glücks» genannt – diesen Titel bekam sie nicht nur, weil sie eine der besten Spielerinnen der Welt ist, sondern auch, weil sie ein ausgesprochen positiver und fröhlicher Mensch ist.
Die Leichtigkeit und der Spass, den Jabeur normalerweise verströmt, waren ihr beim engen 6:4, 7:6 (7:4)-Viertelfinalerfolg gegen die Serena-Williams-Bezwingerin Ajla Tomljanovic allerdings phasenweise abhanden gekommen. Jabeur liess ihren Frust am Schläger aus und entschuldigte sich später dafür. Sie wirkte nicht so locker, wie man die «Ministerin» kennt.
Doch ihre Mission geht weiter – in der Nacht auf Freitag steht im Duell gegen die starke Französin Caroline Garcia das nächste «Finale» auf dem Spiel. Es ist zu spüren, wie sehr Jabeur, die Wimbledon-Finalistin, bei den US Open diesmal den letzten Schritt gehen will. Und als erste arabische und afrikanische Athletin seit Einführung des Profitennis 1968 eine Grand-Slam-Trophäe in den Himmel stemmen möchte.
«Es sind nur noch zwei Matches. Ich werde alles geben», sagte sie. Jabeur will den Titel für sich, aber auch in der Rolle als Pionierin gewinnen. Sie möchte «mehr Spielerinnen aus Tunesien, dem Nahen Osten und aus Afrika» auf der Tour sehen, wie sie stets betont.
«Wir haben zu einem bestimmten Zeitpunkt nicht genug daran geglaubt, dass wir es schaffen können. Jetzt versuche ich einfach, das zu zeigen», sagte Jabeur. Hoffentlich könnte sie die Leute inspirieren.
Auch wenn ich den Final in Wimbledon verloren habe, wusste ich danach, dass ich einen Grand-Slam-Titel in mir habe.
Das gelingt Jabeur, die bereits vom tunesischen Staatspräsidenten Kais Saied mit dem Verdienstorden für besondere sportliche Leistungen ausgezeichnet wurde, schon lange. Eine besondere Leistung will sie nun auch im Halbfinal von New York zeigen.
Die Erfahrung von Wimbledon, als sie ihre gute Freundin Tatjana Maria im Halbfinal besiegte, dann jedoch der Kasachin Jelena Rybakina unterlag, soll ihr in der letzten Turnierphase helfen. «Auch wenn ich den Final verloren habe, wusste ich danach, dass ich einen Grand-Slam-Titel in mir habe», sagte sie. «Jetzt stehe ich im Halbfinal der US Open.» Und das soll noch nicht das Ende der «Ministerin» sein.