Pflegen und arbeiten: Ein Ding der Unmöglichkeit?
Immer mehr Erwerbstätige pflegen zusätzlich zur Arbeit ihre hilfsbedürftigen Angehörigen. Im Gegensatz zu den deutschsprachigen Nachbarländern fehlt dazu in der Schweiz weitgehend eine gesetzliche Bestimmung. Wer als Arbeitnehmer seine Angehörigen pflegen will, ist auf den Goodwill des Arbeitgebers angewiesen.
In Deutschland können seit Anfang Jahr viele Arbeitnehmer zugunsten der Angehörigenpflege vorübergehend ihr Arbeitspensum reduzieren. Die sogenannte Familienpflegezeit ist gesetzlich geregelt und kann während zwei Jahren bezogen werden.
Wie Ruth Derrer Balladore vom Schweizerischen Arbeitgeberverband gegenüber «Espresso» erklärt, kann sie sich eine solche Regelung in der Schweiz nicht vorstellen. Es sollte jedem Unternehmen selber überlassen sein, ob und wie sie ihren Angestellten die Angehörigenpflege ermöglichen wollen. Arbeitnehmer sollen mit ihren Anliegen frühzeitig vorstellig werden, so lasse sich meistens eine Lösung finden.
Im Gegensatz zur Betreuung von Kindern steckt in der Schweiz die Pflege von Angehörigen in den Kinderschuhen. Laut Elisabeth Häni von der Fachstelle «UND» gibt es erst vereinzelt Unternehmen, die die Vereinbarkeit von Beruf und Pflege ernst nehmen. Dazu gehören vor allem grössere Unternehmen, eines der ersten war in der Schweiz die «Bank Coop». Es sind aber auch kleine und mittlere Unternehmen (KMU), die ihren Mitarbeitern individuell ermöglichen, sich um die Angehörigen zu kümmern.
Die Pflegewissenschaftlerin Iren Bischofberger vom Forschungsinstitut der Kalaidos Fachhochschule Gesundheit hat in einer Studie die ersten konkreten Zahlen für die Schweiz erhoben. Demnach sind bis zu einem Viertel der Belegschaften irgendwann in ihrem Arbeitsleben mit Pflegeaufgaben für Angehörige konfrontiert - oder rechnen zumindest in der Zukunft damit.
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