1918 taucht zum ersten Mal der Text «O Tannenbaum, wie treu sind deine Blätter» des Dichters August Zarnack auf. Er wählte den Tannenbaum symbolisch aus, weil er das ganze Jahr über seine Nadeln behält. Im Gegensatz dazu dichtete er weiter: «Oh Mägdelein, oh Mägdelein, wie falsch ist dein Gemüte». Sein Gedicht zielte also nicht auf einen reich geschmückten Weihnachtsbaum ab, sondern galt als Fingerzeig für untreue Ehefrauen.
O Mägdelein, o Mägdelein, wie falsch ist Dein Gemüte.
Du schwurst mir treu in meinem Glück,
nun arm ich bin, gehst Du zurück.
O Mägdelein, o Mägdelein, wie falsch ist Dein Gemüte.
Die Nachtigall, die Nachtigall, nahmst Du Dir zum Exempel.
Sie bleibt solang der Sommer lacht,
im Herbst sie sich von dannen macht.
Die Nachtigall, die Nachtigall, nahmst Du Dir zum Exempel.
Der Bach im Tal, der Bach im Tal, ist deiner Falschheit Spiegel.
Er strömt allein, wenn Regen fliesst,
bei Dürr er bald den Quell verschliesst.
Der Bach im Tal, der Bach im Tal, ist deiner Falschheit Spiegel.
Der Text wurde mit einer bekannten Melodie aus dem 16. Jahrhundert vertont und landete in einem Singbuch für Schulkinder. So weit so gut. Allerdings störte sich ein Lehrer an den «anststössigen» Strophen und strich alle bis auf die erste über den Tannenbaum.
Somit war das brave, besinnliche Weihnachtslied geboren, das heute nicht nur in heimischen Stuben, sondern auch von vielen Stars gerne gesungen wird. Es gibt zig deutschsprachige Versionen von Andrea Berg, Lena Valaitis, Matthias Reim, PatrickLindner, Vicky Leandros etc. Auch Nana Mouskouri brachte 1972 eine Version von «O Tannenbaum» heraus.