Der Barock ist von Widersprüchen geprägt: Chaos und Ordnung, Lebenslust und Frömmigkeit, Elend und Prunk. Diese Widersprüche spiegeln sich auch im Denken der Zeit. Religiöse Denkgebäude werden von der Wissenschaft und den Empiristen niedergerissen. Zugleich errichten die Rationalisten neue und hochkomplexe Gedankensysteme, um an alten Ideen festzuhalten. Man begibt sich auf die Suche nach neuen Erkenntniswegen und streitet über die wahren Quellen des Wissens.
Basiert unser gesamtes Wissen letztlich auf sinnlicher Erfahrung oder auf reiner Vernunft? Über diese Frage streiten die Empiristen und Rationalisten der barocken Zeit.
Die Empiristen
Francis Bacon (1561–1626)
Er gilt als Wegbereiter des Empirismus. Er war der Meinung, philosophische Spekulationen sollten der experimentellen, vorurteilsfreien Wissenschaft weichen. Ausgehend von konkreten Beobachtungen sollten Hypothesen und Modelle entworfen werden, die anschliessend mithilfe von Experimenten auf ihre Wahrheit geprüft werden müssen. Nur so gäbe es einen Fortschritt der Erkenntnis und der Zivilisation. Wer die Natur beherrschen will, muss sie zunächst verstehen. Für Bacon gilt: «Wissen ist Macht.»
Thomas Hobbes (1588–1679)
Thomas Hobbes war Verfechter eines materialistischen Weltbilds. Die Welt sei nichts weiter als Materie in Bewegung. Kleinste Teilchen, die einander stossen – mehr sei da nicht. Der Mensch ist nach Hobbes ein sich bewegender Atomhaufen, der ständig nach der Befriedigung seiner Bedürfnisse strebt. Moral, Recht und Gesetze seien dazu da, Frieden zu stiften, das Überleben zu sichern und das Zusammenleben angenehm zu gestalten. Denn ohne Gesetze würden die Menschen im ständigen Krieg miteinander leben.
John Locke (1632–1704)
Er war der Vertreter des Empirismus und Liberalismus. Er vergleicht den menschlichen Geist bei der Geburt mit einem unbeschriebenen Blatt, einer «tabula rasa». Damit wendet er sich dezidiert gegen die Rationalisten, die behaupten, es gäbe angeborene Ideen und Erkenntnisse. «Nichts ist im Verstand, was nicht vorher in den Sinnen war», schreibt Locke. Sein politischer Liberalismus fordert die Gewaltenteilung ebenso wie ein natürliches Recht auf Leben, Gesundheit, Freiheit und Eigentum.
Die Rationalisten
René Descartes (1596–1650)
Er gilt als Begründer der philosophischen Moderne. Er suchte nach einem unbezweifelbaren Fundament der Wissenschaft und fand dieses in der unmittelbaren Gewissheit des eigenen Denkens. «Cogito ergo sum» – Ich denke, also bin ich. Daran kann nach Descartes niemand zweifeln, denn der Zweifel setzt bereits einen zweifelnden Denker voraus. Auf der Grundlage des eigenen Bewusstseins formuliert Descartes einen Gottesbeweis und argumentiert für ein dualistisches Weltbild, bestehend aus Geist und Körper.
Baruch de Spinoza (1632–1677)
Baruch de Spinoza war ein Rationalist und glaubte, es gäbe nur eine einzige Substanz, nämlich Gott. Die Welt und wir Menschen seien lediglich Erscheinungsweisen dieses einen, unendlichen und ewigen Gottes. «Alles, was ist, ist in Gott», schreibt Spinoza. Er leugnet konsequenterweise die menschliche Freiheit und betont die zentrale Rolle der Affekte für das menschliche Handeln. Mit seinen Thesen wendete er sich gegen die jüdisch-christliche Lehre eines personalen Weltschöpfers. Er war zeitlebens ein dezidierter Verfechter der Meinungsfreiheit.
Gottfried Wilhelm Leibniz (1646–1716)
Gottfried Wilhelm Leibniz errichtete ein philosophisches System, das den christlichen Glauben zu verteidigen versucht. In seiner «Theodizee» rechtfertigt er Gottes Güte angesichts der Übel der Welt. In der «Monadologie» argumentiert er für eine Welt bestehend aus unendlich vielen geistigen Substanzen, genannt «Monaden». Jede dieser «kleinen Gottheiten» spiegelt das gesamte Universum und entwickelt sich unabhängig, aber in Harmonie mit dem Ganzen. Jeder von uns nimmt die ganze Welt wahr – das meiste davon jedoch unendlich schwach und unklar.