«Ich habe für die NASA ein Flugzeug entwickelt aus dem Rumpf eines Haifischs. Das fliegt wie der Teufel!» Alles konnte Luigi Colani als Vorlage dienen. Auch Fische.
Die allerwichtigste Vorlage für seine Entwürfe war allerdings: der Mensch. Er war für Colani das Zentrum jeglicher Tätigkeit.
Der Bub in der Werkstatt
Auch wenn sich viele seiner Ideen als utopisch und nicht praktikabel erwiesen: An Selbstbewusstsein mangelte es Luigi Colani nie. Er hat einfach immer weitergemacht.
Vielleicht war der Ursprung dieses unerschütterlichen Selbstvertrauens in seiner Kindheit zu suchen: Colani wuchs in Berlin auf – als Sohn eines Filmausstatters, der aus dem Bündnerland stammte.
Colanis Mutter arbeitete am Theater. Um seine Kreativität zu fördern, gaben ihm die Eltern angeblich kein Spielzeug, sondern richteten ihm eine Art kleine, eigene Werkstatt ein.
Er sollte sich sein Spielzeug selber bauen. Und das tat der Bub auch – und hörte eigentlich nie damit auf. Erst studierte er Bildhauerei und Malerei in Berlin, später Aerodynamik an der Pariser Sorbonne. Tatsächlich arbeitete Luigi Colani danach eine Weile im Flugzeugbau.
Alles nur Science-Fiction?
Die 1950er- und 1960er-Jahre: der Beginn des Kunststoffzeitalters. Colani war vorne mit dabei. Die neuartigen Materialien liessen Formen zu, wie Colani sie liebt: aerodynamisch, stromlinienförmig, biomorph.
Erst entwarf er Autos, zum Beispiel für Alfa-Romeo und BMW. Später dann auch Möbel und alle möglichen Gegenstände des täglichen Bedarfs.
Am liebsten aber entwarf er Utopien: Für die NASA plante er ein Grossraumflugzeug, das 1000 Passagiere transportieren sollte. Für den Stahlkonzern Thyssen baute er den Prototypen eines Amphibienfahrzeuges. Ebenfalls für Thyssen betrieb er Studien für eine Magnet-Schwebebahn.
All dies – und noch viel mehr wurde nie realisiert – zu teuer, zu unpraktisch, zu sehr Science-Fiction. Doch das störte einen wie Luigi Colani nicht. Er sah sich selbst nämlich nicht unbedingt als Designer und Erfinder, sondern als Wissenschaftler und Forscher.
Forschen für die Zukunft
«Wir sind ein Forscherteam, wir forschen völlig wertfrei. Wenn mir morgen ein Büchsenöffner in die Hand fällt, an dem ich mich ärgere, dann setz ich mich mit der ganzen Gruppe zusammen und dann wird gebaut», erklärte Colani laut und energisch.
Er habe das Glück, sagte er einmal, über das Geld zu verfügen, um frei arbeiten zu können. Nur wenige Produkte würden produziert, da er nicht für die eigentliche Produktion arbeite: «Den Erfolg zum Verkauf – den brauchen wir nicht. Wir bekommen Forschungsetat von grossen Konzernen, um für die in die Zukunft zu forschen.»
Und dennoch: Der eine oder andere Entwurf von Luigi Colani wurde umgesetzt – und hat sich bewährt. Das wohl beste Design von Luigi Colani ist die Spiegelreflexkamera «Canon T-90». Ein Objekt, das unwahrscheinlich gut in der Hand liegt, mit dem sich wunderbar arbeiten lässt. Auf dieser Form aus dem Jahr 1986 basieren noch heute die aktuellen Modelle von Canon.
Doch die «Canon T-90» ist bei Weitem nicht das einzige in Colanis Werk, das Bestand hat. Für das Design der 1970er- und 1980er-Jahre war Luigi Colani mitprägend.
Eine ganze Generation von Designern beruft sich unter anderem auf ihn und seine ergonomischen Entwürfe. So gesehen sind auch die Utopien des Luigi Colani etwas, das bleiben wird.