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Der Archivar Alle lügen – sogar der Lügendetektor

Irgendwann lügt jeder mal. Damit hätte eigentlich längst Schluss sein sollen: 1954 berichtet die Schweizer Filmwochenschau von einem neuen Gerät – dem Lügendetektor. Der soll die Wahrheit herausfinden, garantiert. Doch das kann er gar nicht.

Die Menschheit lügt, was das Zeug hält. Das achte Gebot? Schall und Rauch! Es gibt grosse und kleine Lügen. Es gibt Lügen, die man verzeiht und die anderen. Sie reichen von «Die Schuhe waren ganz billig.» bis zu «I did not have sexual relations with that woman, Miss Lewinsky.» Manche Lügen bleiben unentdeckt, andere fliegen auf. Und damit sie auffliegen, wurde eigens ein Gerät entwickelt. Denn die Suche nach der Wahrheit ist logischerweise so alt wie die Lüge.

«Der Mund der Wahrheit» in Rom
Legende: Der Bocca della Verità in Rom, der antike «Lügendetektor». WIKIMEDIA / Dnalor1 /CC BY-SA 3.0

Der Lügendetektor kommt 1954 auf den Markt. Gross angekündigt als neue technische Errungenschaft. Das ist Wunschdenken. Oder sogar gelogen, jedenfalls ein bisschen. Denn «technisch» stimmt, «neu» nicht: Der Lügendetektor hat Vorläufer. Bereits im antiken Rom konnte man seine Hand in den Bocca della Verità stecken. So wie Audrey Hepburn in «Roman Holiday» – zu Deutsch «Ein Herz und eine Krone».

Als der Lügendetektor auf den Markt kommt, der mit der nervösen Nadel, drangsaliert man mit ihm Bösewichte – in der Wirklichkeit des Kalten Krieges und im Agentenfilm: Von James Bond bis zu Jack Bauer in «24».

Archivperlen

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Das Archiv von SRF ist ein fulminanter Fundus, ein audiovisuelles Gedächtnis, in Schwarz-weiss oder Farbe, analog oder digital. Wichtiges und Unwichtiges, Überholtes und allzeit Gültiges, Alltag und grosse Weltgeschichte.

Im Player von SRF sind eine Vielzahl von «Perlen», die Ihnen online zugänglich sind sowie im Archivkanal auf Youtube.

Diese Maschine wird im Kino immer bedrohlich und immer stereotyp inszeniert: Irgendeine Über-Macht schliesst jemanden an das Gerät an, viele Grossaufnahmen, viele Schnitte und immer wieder eine nervöse Nadel, die nervöse Striche macht. Das muss also dramatisch sein.

Und heute?

Von heute aus gesehen ist schon das volksmundliche Wort «Lügendetektor» ein tragischer Witz in all seiner Naivität: Was hat man sich vorgestellt? Dass das Ding klingelt, wenn jemand beim Lügen erwischt wird? So wie ein Metalldetektor Laut gibt, wenn er auf Metallisches stösst?

Fachleute sprechen von «Polygraph». Das Wort ist leider keinen Deut besser, es bedeutet «Vielschreiber». «Na und», kann man da nur sagen. Viel schreiben kann jeder. Die Bezeichnung wird auch nicht besser, wenn sie lateinisch ist.

Der Polygraph misst viel auf einmal: Schweiss, Atem, Herzfrequenz. Aber er wurde in westlichen Demokratien nie als alles entscheidendes Beweismittel zugelassen. Denn das, was der Lügendetektor vorgaukelt, kann er nicht: er kann eine Lüge nicht von der Wahrheit unterscheiden. Der Detektor ist selbst ein Lügner.

Die Schweissdrüse ist dumm

Die vielen Daten, die der Detektor erfasst, können irgendwie begründet sein. Ob einem der Schweiss ausbricht, weil man allgemein Angst vor Verhörsituationen hat, weil man lügt oder weil man vergessen hat, die Herdplatte auszustellen – all das ist der Schweissdrüse Hans was Heiri.

Der Detektor misst nur den Schweiss. An seine Ursache kommt er nicht heran. Eindeutig ist sein Urteil nicht. Die Prozedur lässt sich beliebig fortsetzen mit gemessener Hautspannung, Atem- und Herzfrequenz. Vieles messen macht die Ergebnisse nicht hieb und stichfest.

Der Deus ex machina

Aber die Maschine ist ein Faszinosum. Das basiert weniger auf der Maschine als auf der archaischen Situation, beim Lügen erwischt zu werden. Und das auch noch von einer Maschine! Die könne ja nicht irren, hiess es lange. Davor hat jeder Angst, erwischt zu werden, mal mehr, mal weniger. Die Angst macht den Unterschied. Ohne sie wäre die Maschine lediglich das, was sie ist: ein programmierter Schaltkreis, dessen Nadel ein bisschen Wind macht.

Aber mit Angst wird sie zur Macht, ja zum Monstrum, die Angst sorgt für das Gefühl, einer Übermacht schutzlos ausgeliefert zu sein. Die Maschine an sich hat keine Macht, man gibt sie ihr.

Bill Clinton und Monica Lewinsky, 1995
Legende: Was hätte der Polygraph wohl aufgezeichnet? Bill Clinton und Monica Lewinsky 1995. Keystone

Die Maschine fungiert als quasi göttliche Instanz, als Wahrheitsmaschine. Die Wendung «Deus ex machina» bekommt in diesem Zusammenhang eine ganz neue Bedeutung.

Heute setzt man mehr auf Stimmerkennung. Die Stimme verrate die Lüge viel eher als die dumme Schweissdrüse. Und Softwares könnten das erkennen. Hört man. Die gibt es auch für Smartphones.

So ein Gerät kann man unbemerkt auf den Tisch legen und gucken, ob man angelogen wird:

Er: «Hallo Liebling, wie war dein Tag? War was Besonderes?»

Sie: «Wieso fragst du?»

Er: «Och, nur so!» (Die Software piepst)

Sie: «Was war das?»

Er: «Nichts.» (PIEP)

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