Er war einer der ersten Sportler, die verehrt wurden wie ein Rockstar: Björn Borg, die schwedische Lichtgestalt des Tennis.
Wir schreiben das Jahr 1980 und stehen kurz vor dem Höhepunkt der Saison: Wimbledon. Mit dem fünften Titel in Folge würde er Geschichte schreiben. Nur einer kann ihn aufhalten: ein wilder 21-Jähriger aus New York, der so wirkt, als wisse er nicht, was er tut: John McEnroe.
Akute Explosionsgefahr
Ex-Tennisprofi Heinz Günthardt, der auf SRF die grossen Spiele kommentiert, hat im Laufe seiner Karriere gegen so manche Legende gespielt – auch gegen Borg und McEnroe. Für das rüpelhafte Auftreten des Amerikaners hat er eine einleuchtende Erklärung:
«Er war einer, der jedem gezeigt hat, wie er sich gerade fühlt. Einer, der aus dem Ärger Energie gewinnen konnte. Wenn er nicht gut spielte, musste ein Hassobjekt her, über das er sich aufregen konnte. Er brauchte das, um gut zu spielen.»
Wie Klein-Björn zum «Eis-Borg» wurde
Björn Borg wies als Jugendlicher auf dem Tennisplatz ähnliche Verhaltensweisen auf. Der Film zeigt, dass Borg als Junior oft ausrastete, bevor er merkte, wie kontraproduktiv emotionale Ausbrüche für sein Spiel sind.
So wurde aus ihm allmählich der unbezwingbare «Ice-Borg». Ein Vorzeigeathlet, der nie die Fassung verliert.
Erinnerungen an Borg und McEnroe
Heinz Günthardt erinnert sich lebhaft an die eigenen Duelle gegen Borg und McEnroe. Von Borg hörte der Schweizer während seiner Partien jeweils kein Wort.
McEnroe dagegen tat nach verlorenem Startsatz genau das, was man von ihm erwartete. Er wurde ausfällig: «Er begann, mit sich selbst zu reden. Und zwar so laut, dass ich jedes Wort mitkriegte. Im Grunde sprach er also mit mir; was er offiziell nicht durfte. Voller Wut verkündete er, dass er gegen mich gar nicht verlieren könne, da ich dafür nicht gut genug sei.»
«Big Mac»: vom Feindbild zur Kultfigur
Auch der Film charakterisiert McEnroe als Rüpel, allerdings ohne ihn zum Bösewicht zu stilisieren. Im Gegenteil: Er avanciert gar zum heimlichen Helden, indem er Borg im Final alles abverlangt, ohne zu unsportlichen Mitteln zu greifen.
Für Hauptdarsteller Sverrir Gudnason, der zur Schweizer Premiere nach Zürich kommt, machen genau diese Charakter-Finessen den Reiz des Films aus: «Der Zuschauer wird eine neue Seite ihrer Beziehung zu Gesicht kriegen. Bisher war immer nur von Ice-Borg und dem Super-Flegel die Rede: Feuer gegen Eis. Dabei sind sie sich recht ähnlich: Indem sie alles tun, um die Nummer Eins im Tennis zu sein.»
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Tatsächlich waren beide getrieben von der Sucht, der Beste zu sein. Nicht zuletzt deshalb ist «Borg/McEnroe» mehr packendes Drama als Tennis-verliebte Sportstudie. Wer für die Eröffnung des Zurich Film Festivals kein Ticket hat, muss nicht lange warten: Schon am 12. Oktober startet «Borg/McEnroe» in unseren Kinos.
Kinostart: 12.10.2017