Ein sexuell aufgeladener Science-Fiction-Thriller mit surrealistischer Basis und feministischem Überbau. So etwas hatte die Welt in den späten 1970er Jahren noch nicht gesehen. Und obwohl es seither viele Nachahmer gab, bleibt der Sci-Fi-Horror von «Alien» unerreicht.
Wir Schweizer stellen an dieser Stelle gerne die nicht mehr ganz so frische Frage: Wer hat’s erfunden? Wohlwissend, dass es ein Einheimischer war: H. R. Giger, der den grössten Teil seines Lebens zurückgezogen in Zürich-Seebach verbrachte.
Unsterbliche Kreatur
Nach seinem Tod vor fünf Jahren wurde der stark polarisierende Künstler in Gruyères bestattet. Unweit seines Museums, wo eine aktuelle Ausstellung an Gigers furchterregendste Schöpfung erinnert.
Doch damit nicht genug: Auch am Neuchâtel International Fantastic Film Festival (NIFFF) ist Gigers Monster in diesem Jahr omnipräsent. Dort wird dem Publikum zum Jubiläum eine auf 4K aufgerüstete Fassung von «Alien» präsentiert. Und der Sieger des Wettbewerbs kriegt traditionell den nach seinem Designer benannten «Prix H. R. Giger Narcisse».
Ursprünglich kein ausserirdisches Monster
Was nur wenige wissen: Giger wollte im Grunde gar keinen Ausserirdischen kreieren, als er sein Ungeheuer erschuf. Inspiriert von Lovecrafts «Necronomicon» strebte der Schweizer danach, eine okkulte Manifestation des Todes abzubilden.
Erst Regisseur Ridley Scott erkannte in der dunklen Gestalt ein intergalaktisches Wesen. Als der Brite den «Necronom» in einem von Gigers Bildbänden sah, verkündete er erleichtert: «Das ist unser Alien! Wir müssen für unseren Film keines mehr erfinden.»
Nichts schlägt das Original
Der Rest ist Kinogeschichte: Scott holte Giger nach Hollywood und der Film schlug ein wie eine Bombe. Das Tüpfelchen auf dem i war der Oscar für die besten Spezialeffekte. Aus heutiger Sicht noch beeindruckender ist aber die erstaunliche Zeitlosigkeit des Science-Fiction-Schockers.
«Alien» hat dank visionärem Design und raffinierter Inszenierung bis heute kaum Staub angesetzt. Tom Gabriel Fischer, Co-Direktor des «HR Giger Museum», beschreibt die ungebrochene Faszination so: «Der Film ist fast Hitchcock-mässig, ein psychologischer Thriller. Die Schreckensfigur selbst sieht man eigentlich kaum, höchstens Fragmente davon, in Sekundenbruchteilen. Der Horror findet in den Gesichtern der Darsteller und im eigenen Kopf statt.»
Neuchâtels Festivalleiterin Anaïs Emery kennt einen weiteren guten Grund für die Langlebigkeit von «Alien»: «Der Film treibt das Publikum an seine Grenze. Als Zuschauer schwankt man ständig zwischen Faszination und Ekel. Weil dieser Kreatur das Kunststück gelingt, beides in einem hervorzurufen.»
Dem ist wenig hinzuzufügen: «Alien» ist auch 40 Jahre nach seiner Geburt ein fantastisch vielschichtiges Filmmonster.