Das Paar hat sich auf der Kunstschule kennen gelernt. Annette ist Malerin, Niggi Fotograf. Sie sind jung, wild und leidenschaftlich. Als junge Familie reisten sie regelmässig ans Meer. Ein Urlaub wie im Bilderbuch.
Doch bereits da macht sich die Krankheit von Annette bemerkbar. Sie hat Multiple Sklerose.
«Im Traum bin ich oft gesund»
Plötzliche fällt Annette ins Koma und ist halsabwärts gelähmt. Das ist nun 20 Jahre her. Beeindruckend reflektiert sie ihr Schicksal. Ihre Stimme klingt leise und gebrochen. Ihr Geist ist klar und weise.
Sechs Pflegekräfte, drei Haushaltshilfen und sieben Therapeuten begleiten Annette in ihrem Alltag. Und auch ihr Mann Niggi. Sie zur Betreuung in ein Heim zu geben, war für ihn nie eine Option. Er gab seinen Beruf als Fotograf auf.
Liebe macht erfinderisch
Niggi baut einen Bus behindertengerecht um, sodass sie auf eine gemeinsame Reise aufbrechen können. Ans Meer, wie früher.
Regisseurin und Tochter Fanny Bräuning heftet sich dabei an die Fersen ihrer Eltern, quer durch Südeuropa.
Und dokumentiert in ihrem Film, wie Niggi alles versucht, damit Annette so viel wie möglich entdecken und erleben kann. Wenn ihr im Rollstuhl der Zugang zu einem schönen Anblick verwehrt bleibt, fängt Niggi ihn für sie mit der Kamera ein: ob Sonnenuntergang, zerfallene Ruinen oder ein streunender Hund.
Fast unbemerkt schaut die Kamera den beiden dicht über die Schultern. Beobachtet sie aus Distanz. So sehen wir auch unbequeme Momente. Wenn der hagere Niggi mühsam den gelähmten Körper von Annette auf den Rollstuhl hievt. Wenn Annette vor Erschöpfung einschläft, während Niggi mit ihr spricht.
In einigen Momenten gibt sich Fanny Bräuning erkennbar als Teil der Familie. Sie stellt Fragen, sorgsam und liebevoll. Während diesen Sequenzen wird klar, dass der Film nicht allein eine Geschichte von zwei Liebenden erzählt. Sondern er erzählt die Geschichte von drei Personen, die sich lieben.
Demut und Gelassenheit
Fanny Bräuning, die Tochter, spricht über Kindheitserinnerungen. Über die Sorge, die Hoffnung und das Sterben ihrer Eltern. Sie spricht mit ihren Eltern über ihre Eltern. Das Publikum rückt so aus der Distanz in die Nähe.
Das schmerzt manchmal beim Zuschauen. Tröstend wirkt dabei die tiefe Verbundenheit zwischen Niggi und Annette. Und die Gelassenheit und Demut, mit der sie dem Leben entgegentreten.
«Immer und ewig» ist eine Hommage an die unromantische Romantik des Lebens, an die wahre, realistische Liebe. Eingebettet wird sie von einer teils dürren, teils paradiesischen Naturkulisse.
Und von einem bemerkenswerten Soundtrack, der sich zwischen Leichtigkeit und Melancholie bewegt. Die feinfühlige und poetische Art, wie Bräuning das Publikum am Leben ihrer Eltern teilhaben lässt, macht diesen Film zu einem berührenden Erlebnis.