Kurz vor Weihnachten war's, da Nicolas Cage der Welt reinen Wein einschenkte. «Nach mehr als 45 Jahren (…) und über 100 Filmen habe ich alles zum Thema Kino gesagt», liess er verlauten. Drei, vier Filme werde er noch drehen. Dann habe er fertig mit Hollywood.
Bemerkenswerte Worte aus dem Munde eines Mannes, den der Comedian Andy Samberg vor zehn Jahren mit dem Satz karikierte: «Ich werde erst aufhören, wenn ich in allen Filmen mitgespielt habe, die es gibt!» Cage selbst hatte sich einst die Zahl 150 auf seine To-do-Liste gekritzelt – mit dem ihm eigenen Ernst.
Frühe Erfolge, lange Durststrecke
Aufhören, demnächst? Die vorweihnachtliche Ansage passt nicht in das Bild, das man sich von Nimmersatt Cage machte, der mit «Rumble Fish» (1983) den Durchbruch schaffte. Der in «Moonstruck» (1987) auf Mehlsäcken zeigte, dass er einen Liebhaber gebacken kriegt. Der bereits mit 32 den Hauptdarsteller-Oscar gewann.
In «Leaving Las Vegas» (1995), dem süffigen Suchtdrama des Briten Mike Figgis, trank der Neffe von «Godfather»-Regisseur Francis Ford Coppola sich in der Stadt der Spielhöllen vorsätzlich zu Tode. Cage, aufs Köstlichste kaputt: Fans und Fachpresse liessen die Korken knallen.
Paradiesvogel in Schlangenlederjacke
In seinen besten Jahren schafft Nicolas Cage spielend den Spagat zwischen ambitioniertem Actionstar und coolem Charakterdarsteller, der Arthouse-Aficionados so schwach werden lässt wie die Frauen in den Romcoms, die er auch nicht missen mag.
Das Manische ist sein Markenzeichen. Cage stürzt sich mit Haut und früh dünner werdendem Haar auf seine Figuren. Vor den Dreharbeiten zum Düster-Drama «Leaving Las Vegas» soll er zwei Wochen lang durchgesoffen haben – an eines echten Dichters Seite.
Nüchtern betrachtet ist Cage ist immer Cage, ob er nun in «Con Air» (1997) den Übermenschen im Unterhemd gibt, sich in «City of Angels» (1998) unsterblich in eine Sterblich verguckt oder in «Wild at Heart» (1998) in einer Schlangenlederjacke jenen Elvis Presley covert, mit dessen Tochter er 159 Tage lang verheiratet war.
Cage, zu dessen Hobbys das Sammeln von Häusern gehört, liefert auch in schlechten Zeiten gute Storys. Den Lederjacken wird er die Treue halten. Beruflich und privat geht vieles in die Hose.
Cage braucht Cash
Zum belächelten Vielfilmer und B-Movie-Helden wurde Cage auch, weil er es musste. Ob es seine Schuld war oder die des Managers, dass der Börsencrash 2008 ihn zum armen Schlucker machte, ist bis heute umstritten.
Cage brauchte Cash und drehte Film um Film um Film, die meisten schafften es nicht mal mehr ins Kino. Auch in dieser Phase finden sich aber «gute schlechte Cage-Filme», wie die Fans flüstern. «Drive Angry» (2011) gehört in die schmale Schublade, die Cage-Fans mit «Trash-Trouvaille» beschriftet haben.
Zuletzt klingelten die Kassen wieder, auch die Kritiker klatschten. In «Pig» (2021) war Cage «big». In «Massive Talent» zeigte er den Mut zur Selbstironie. «Dream Scenario» (2023) hätte er sich als seinen letzten Film gewünscht, sagte Cage vor Weihnachten, wenige Wochen vor seinem 60. Geburtstag. Leider seien ein paar Verträge schon unterschrieben.
Die Hände lassen von der Schauspielerei wird Cage nicht ganz. Der Mann, der von sich sagt, er brauche Rollen, weil sie ihm Halt im Leben geben, will bald nur noch TV-Serien drehen – idealerweise im Stile von «Breaking Bad». Das ist doch eine gute Nachricht.