Ein norwegischer Terrorakt, ein Historiendrama, ein Horrorfilm, ein Western und eine Familiengeschichte: fünf Filme die in Venedig im Wettbewerb laufen, fünf Filme von Amazon und Netflix.
Andere Festivals sind da weniger offen. Die Leitung von Cannes hat die Filme des Streamingdienstes aus dem Wettbewerb verbannt.
Grund: Die französische Vereinigung der Filmverleiher und der Kinobetreiber lief Sturm. Denn Netflix, anders als Amazon, zeigt seine Eigenproduktionen nicht im Kino. Und falls ausnahmweise mal doch, dann sind die Filme zeitgleich zum Kinostart auch auf der digitalen Plattform zu sehen.
Netflix reagierte auf die Endscheidung des Festivals und zog alle seine Produktionen zurück.
Acht Streaming-Filme in Venedig
In Venedig laufen dieses Jahr insgesamt acht Produktionen der beiden Streaming-Giganten. Werke von internationalen Star-Regisseuren wie Mike Leigh oder den Coen-Brüdern, die keine Bedenken haben, die das Kino nicht gefährdet sehen.
Die Western-Anthologie «The Ballad of Buster Scruggs» war von Ethan und Joel Coen zuerst als sechsteilige Netflix-Serie geplant. Die beiden Brüder entschieden sich dann kurzerhand, die sechs Geschichten als zweistündigen Spielfilm zu erzählen.
Kino oder Internet?
An der Pressekonferenz in Venedig erklärten die Coens, die für ihre skurrilen Figuren und ihren schwarzen Humor bekannt sind, dass es ihnen egal sei, wo ihre Filme liefen.
Wichtig sei, dass Filme ausserhalb des Mainstream-Kinos weiterhin finanziell unterstützt und gefördert würden.
Netflix kaufte 1000 Filmrollen
Netflix produziert nicht nur neue Filme. In Venedig zeigte das US-Medienunternehmen, dass es auch an Filmgeschichte interessiert ist – und für sie wichtige Dienste leistet: Der Streamingdienst hat den letzten Film von Regie-Legende Orson Welles («Citizen Kane») fertiggestellt.
In «The Other Side of the Wind» porträtierte Welles einen fiktiven Filmemacher und veralberte «New Hollywood». Die Dreharbeiten zogen sich in den 1970ern über Jahre hin. Orson Welles verstarb, bevor er den Film fertig schneiden konnte und hinterliess 1000 Filmrollen. 2017 kaufte Netflix die weltweiten Rechte.
Protest der Kino-Industrie
Der grosse Auftritt der Streaming-Giganten in Venedig ist natürlich nicht unumstritten.
Die italienischen Kinobetreiber kritisierten Festivalleiter Alberto Barbera, und die Confédération Internationale des Cinémas d’Art et d’Essai (CICAE) – ein internationaler Verband von Filmkunsttheatern mit Sitz in Berlin – forderte den Ausschluss der Produktionen aus dem Wettbewerb.
Venedig rüstet sich für die Zukunft
Fakt ist: Immer weniger Leute gehen ins Kino, immer mehr Leute schauen sich die Filme zu Hause an. Filmfestivalleiter Alberto Barbera hat den Wandel erkannt und ist auf diesen Zukunftszug aufgesprungen.
Die Qualität der Werke rechtfertigt seine Entscheidung. Einige sind sicher Oscar-Anwärter.