Cannes ist weit mehr als nur das Defilee der Stars oder das Rennen um die Goldene Palme: Cannes ist Big Business. Der Marché du Film bringt als Geschäftsarm des Festivals jedes Jahr 14'000 Branchenvertreter aus über 140 Ländern zusammen.
Rund 60 Länder verfügen gar über einen sogenannten Pavillon. Gemeint sind damit die weissen Zelte, in denen die Nationen entlang des Ufers werbewirksam Flagge zeigen. Die Schweiz gehört zum Kreis der Produktionsländer, die nicht nur um die Wichtigkeit der Präsenz in Cannes wissen, sondern sich diese auch leisten können.
Die zwei Trümpfe der Schweiz
Seit 2022 rückt der Filmmarkt jeweils eine Nation ins Zentrum, indem er ihr den Titel «Country of Honour» verleiht. Nach Indien und Spanien ist nun die Schweiz an der Reihe.
Wie kommt unser Land zu dieser grossen Ehre? Nicola Ruffo, Direktor der Promotionsagentur Swiss Films, erklärt dies so: «Das Dossier, mit dem wir uns beworben hatten, fasste die Vorzüge der Schweiz perfekt zusammen: Erstens macht die Vielsprachigkeit unsere Nation als Koproduktionspartnerin besonders attraktiv. Und zweitens ist die Schweiz weltweit berühmt für ihre Innovationskraft.»
Welcome to the Swiss Hub
Um ihren Status als Innovationsleader zu zementieren, präsentiert die Schweiz im Untergeschoss des Festivalpalasts heuer zum ersten Mal einen High-Tech-Stand. Beim sogenannten Swiss Hub können Marktbesucher innovative Tools und Technologien von Schweizer Start-ups testen: Von virtuellen Räumen über Robo-Dogs bis zu interaktiven Installationen ist alles mit dabei.
Davon abgesehen ist der Swiss Hub neben dem nationalen Pavillon der beste Ort, um mit der Schweiz als Produktionspartnerin in Kontakt zu treten. Ungefähr 40 helvetische Koproduktionen kommen Jahr für Jahr zustande. Vier davon haben es ins Programm des 77. Festival de Cannes geschafft.
Keine Chance auf eine Palme d'Or
Hoffnungen auf die Goldene Palme machen darf sich die Schweiz dennoch nicht. Claude Barras Stop-Motion-Perle «Sauvages» läuft innerhalb der offiziellen Selektion ausser Konkurrenz. Während die minoritären Spielfilm-Koproduktionen «Le procès du chien» und «The Shameless» genauso in Nebensektionen platziert wurden wie die Kurzdoku «Las novias del sur».
Um künftigen Spielfilmen beste Chancen auf internationalen Erfolg zu bieten, veranstaltet der Marché das Programm «Goes to Cannes». In diesem können ausgewählte Filmschaffende hochkarätigen Industrievertretern ihre neuen Projekte noch vor deren Vollendung vorstellen. Eine Schweizerin und vier Schweizer profitieren in diesem Jahr von der exklusiven Kontaktbörse.
Unter den Auserwählten befinden sich bekannte Regienamen wie Jacqueline Zünd, Thomas Imbach und Nicolas Steiner. Letzterer präsentiert nach der preisgekrönten Doku «Above and Below» nun in Cannes die Umrisse seines Langspielfilmdebüts. Die Tragikomödie trägt den englischsprachigen Arbeitstitel «Do You Believe in Angels, Mr. Drowak?» und zielt – ganz unschweizerisch – aufs globale Publikum.