Kein Film wurde in Venedig so sehnsuchtsvoll erwartet wie «Blonde». Und das Warten hat sich gelohnt: Das mit einer gehörigen Prise Fiktion angereicherte Monroe-Biopic fährt mit einer satten Länge von fast drei Stunden alle Geschütze auf.
Traumatischer Aufstieg
«Blonde» zeichnet das kurze Leben der Schauspiel-Ikone als dunkle Tragödie. Man begleitet Norma Jeane, wie Monroe mit bürgerlichem Namen hiess, zunächst durch ihre zutiefst traumatische Kindheit.
Danach nimmt die Story rasant an Fahrt auf: Marilyn Monroe wird entdeckt, zunächst als Model, dann als Schauspielerin. Es folgt ein regelrechter Kampf durch die sexistischen und gewalttätigen Strukturen eines patriarchalen Hollywoods der 1950er-Jahre. Endstation: ewiger Ruhm.
Ikone der Identitätskrisen
Neben Abtreibungen und missglückten Ehen, wie die mit dem Schriftsteller Arthur Miller, gespielt von Adrien Brody («Der Pianist»), durchlebt Norma Jeane eine immense Identitätskrise: Marilyn Monroe und sie selbst, das sind nicht die gleiche Person.
Marilyn zerbricht beim Versuch, ihren Wunsch nach einem normalen Familienleben und den Erfolg als Schauspielerin unter einen Hut zu bringen.
Die perfekte Doppelgängerin
Regie führte der australische Regisseur Andrew Dominik («Die Ermordung des Jesse James durch den Feigling Robert Ford»). Verkörpert wird die Ikone Monroe von der kubanischen Schauspielerin Ana de Armas («James Bond: No Time to Die»).
Ana de Armas' Ähnlichkeit mit Marilyn Monroe ist verblüffend. Für Regisseur Dominik war der Fall klar, wie er an der Pressekonferenz in Venedig sagte: «Ich sah sie in einem Film und wusste: Diese Frau ist Marilyn.»
Ana de Armas überzeugt in ihrer Rolle: Sie hat jene säuselnde Stimme perfektioniert, für die Monroe bekannt war. Sie lässt Marilyn unverkennbar wieder auferstehen, sowohl als Sexsymbol als auch als zutiefst gebrochene Frau.
Bildgewaltige Aufführung
Auch 60 Jahre nach ihrem Tod: Marilyn Monroe ist der Inbegriff von Popkultur. Ihr tragisches Leben zieht bis heute die Massen in den Bann.
Der Film wird dem auch auf der Bildebene gerecht. «Blonde» ist ein ästhetisches Feuerwerk, das zuweilen an ein Theaterstück erinnert. Die Gefühlslage im Publikum: Beklemmung, die fast physisch schmerzt.
Mischung aus Fiktion und Biografie
«Blonde» basiert auf dem gleichnamigen Roman der US-amerikanischen Autorin Joyce Carol Oates aus dem Jahr 2000 – ein fiktionales Werk, durchsetzt mit bekannten biografischen Elementen.
Mit «Blonde» wird dem Publikum ein ungemütlicher, brutaler Film vorgesetzt. Er kann überfordern, langweilt aber nicht und zeigt die Abgründe eines Menschen, der in der Öfenntlichkeit steht.
Streaming-Start: 28. September 2022 auf Netflix.