«Wwoooaaahh!» Wer Bruce Lees Kampfschrei je gehört hat, kriegt ihn nicht mehr aus dem Kopf. Doch nicht nur Lees akustische Aufnahmen werden bis heute überall auf der Welt erkannt. Kaum einer hat die Popkultur stärker geprägt als der chinesisch-amerikanische Doppelbürger.
Bewegte Jugend zwischen Ost und West
Geboren am 27. November 1940 in San Franciscos Chinatown, wuchs Lee in Hongkong auf, bevor er mit 18 als frischgebackener Cha-Cha-Cha-Champion in die USA zurückkehrte.
An der Westküste angekommen, begann er richtig Gas zu geben: 1961 immatrikulierte er sich an der University of Washington, um Schauspiel, Philosophie und Psychologie zu studieren.
Parallel dazu machte er sich einen Namen als Kung-Fu-Lehrer: Eine Kampfkunst, in die er als 13-Jähriger eingeweiht worden war. Von keinem Geringeren als Yip Man, dem Grossmeister des Wing Chun.
Mit offenem Geist zum eigenen Stil
Die fliessenden Bewegungen von Yip Mans Kampfkunst inspirierten Lee. Mit der strengen Systematik des Wing Chun konnte er dagegen weniger anfangen. Deshalb entwickelte er einen neuen, nach allen Seiten offenen Stil: Jeet Kune Do.
Salvi Vallone, der diese Kunst in Schwerzenbach unterrichtet, kennt deren Wurzeln: «Die Schläge hat er sich vom Boxen, die Kicks vom Taekwondo, den Bodenkampf vom Jiu-Jitsu abgeschaut. Im Grunde hat er sich von den verschiedenen Kampfkünsten das Beste herausgepickt.»
Puristen war die Kühnheit, mit der Lee diverse Techniken mischte, ein Dorn im Auge. Davon unbeeindruckt, blieb Lee ein Verfechter radikaler Freiheit.
Brückenbauer zwischen Hongkong und Hollywood
Kein Wunder wird Bruce Lee heute als Vater der Mixed Martials Arts verehrt. Aber so gross sein Vermächtnis als Kämpfer rückblickend auch sein mag, so klein ist der Korpus, den der 1.72-Meter-Mann als Kinoheld hinterlassen hat.
Es gibt nämlich nur eine Handvoll echter Bruce-Lee-Movies, stellt Filmwissenschaftler Till Brockmann klar: «Mit ihm als Hauptdarsteller gibt es nur fünf, die alle zwischen 1971 und 1973 gedreht wurden.» Die meisten davon entstanden in Hongkong. Hollywood war erst in die letzten beiden Produktionen involviert.
Wie Brockmann erklärt, reichte das allerdings, um das Bild umzukrempeln, das sich Amerika von Asiaten gemacht hatte: «Asiaten wurden bis zu diesem Zeitpunkt nicht als männlich oder kraftvoll wahrgenommen. Weil sie meist im Gastrobereich oder in Wäschereien tätig waren: Berufsfeldern, die als weiblich galten. Dann plötzlich tauchte dieser muskelbepackte, junge Chinese mit nacktem Oberkörper auf, der die Weissen vermöbelte.»
Grosse Klappe, viel dahinter
Das war natürlich revolutionär. Doch nicht nur durch das Umstossen rassistischer Stereotype hat Lee Hollywood nachhaltig verändert. Die ganze Ästhetik des duellfixierten Action-Genres hat vom Einbezug asiatischer Kampfkunst enorm profitiert.
Da sei Lee der wichtigste Impulsgeber gewesen, attestiert Brockmann: «Bei ihm waren es nicht nur zwei Schläge und vielleicht noch ein Stuhl auf den Kopf. Sondern eine richtige Fertigkeit der Kampfkunst, die ja dann ins Actionkino überall auf der Welt ein Einzug gehalten hat.»
Unvorstellbar, wie sich das Kino ohne Bruce Lees Zutun entwickelt hätte. Unvorstellbar auch, was gewesen wäre, wenn der ausdrucksstarke Alleskönner nicht schon mit 32 Jahren an einem Hirnödem gestorben wäre.
Nur etwas ist 80 Jahre nach seiner Geburt in Stein gemeisselt: Bruce Lee bleibt unsterblich.