1. Der Pionier
Der am 6. Dezember 1929 in Genf geborene Alain Tanner gilt als einer der wichtigsten Wegbereiter des Schweizer Films. Mit seinem ersten grossen Kinofilm «Charles mort ou vif» von 1969 gelingt ihm der Anschluss des heimischen Filmschaffens an den damals neuen, experimentellen Stil der französischen Nouvelle Vague.
2. Einfach nur weg
Der spätere Regisseur entscheidet sich in jungen Jahren um ein Haar für eine ganz andere Laufbahn: Er trägt sich damals mit dem Gedanken, zur See zu fahren. Die erwachende Leidenschaft für die Filmerei hält ihn jedoch davon ab.
Geblieben ist die Suche nach dem Unbekannten. Alain Tanner hat es nicht auf Schiffsplanken erkundet, dafür in seinen vielen meisterhaften Filmwerken.
3. Politik auf der Leinwand
Von Beginn weg ist Alain Tanner ein Filmer, der das Zeitgeschehen kritisch reflektiert. Seine Werke kreisen immer auch um politische und soziale Fragen. Zum Beispiel: Wie kann sich das Individuum gegen gesellschaftliche Zwänge behaupten?
4. Ungeliebte Schweiz
Aus der Schweiz macht sich Alain Tanner nie viel. Sie erscheint ihm als zu eng, zu kleingeistig.
«La suisse n’existe pas», pflegt er zu sagen. Oder: «Die Schweiz ist mir Wurst.»
Auch im hohen Alter noch. Er kenne die Deutschschweiz nicht, die Alpen möge er nicht, und die Romandie sage ihm nichts.
5. Frühe Leidenschaft
Bereits während seines Wirtschaftsstudiums an der Universität Genf leitet Alain Tanner den Filmclub der Hochschule. Ab Mitte der 1950er-Jahre übernimmt er verschiedene Jobs in der internationalen Filmbranche. Den Mai 1968 erlebt Alain Tanner als Dokumentarfilmer in Paris.
1968 gründet er mit vier anderen Filmemachern in der Romandie das bekannte Produktionskollektiv «Groupe 5». Es trägt entscheidend zur Erneuerung des Schweizer Films bei.
6. Goldener Leopard
Geradezu hymnisch feiert die Presse Alain Tanners Kinodurchbruch «Charles mort ou vif». Der Film erzählt von einem Geschäftsmann, der sich von der Konsumgesellschaft abwendet. Kritiker erkennen in diesem Werk ein filmisches «Manifest auf die Revolution von 1968».
«Charles mort ou vif» erhält beim Filmfestival von Locarno den Goldenen Leoparden – als erster Schweizer Film überhaupt.
7. Unermüdlicher Cineast
Über viele Jahrzehnte bleibt der Genfer Filmer überaus produktiv: Er dreht alle ein bis zwei Jahre einen neuen Kinofilm. Das macht ihm keiner nach.
Und er findet weiterhin grosse Beachtung. Etwa mit dem feinsinnigen Film «La Salamandre» von 1971 über eine junge Frau, die unter Mordverdacht steht.
8. Ein Schweizer in den USA
Seinen grössten Erfolg feiert Alain Tanner 1976 mit «Jonas qui aura 25 ans en l’an 2000». «Jonas» kommt 1976 sogar in den USA in die Kinos.
Der Film ist eine subtile Auseinandersetzung mit der Frage, worauf wir eigentlich hoffen dürfen. Sind wir Gefangene unserer Zeit? Oder schaffen wir es auszubrechen, wenn wir unser Leben ändern?
9. Ein Monument der Schweizer Filmgeschichte
Seinem schlichten, feinsinnigen und ruhigen Stil bleibt Alain Tanner in seinen über 20 Spielfilmen treu. Er verkörpert damit in den 1970er-Jahren auch international den fortschrittlichen Schweizer Film.
Seine Werke sind heute nur noch selten zu sehen. Alain Tanners Verdienste für das Schweizer Filmschaffen sind jedoch unbestritten.