Am 23. Mai ist in der iranischen Stadt Abadan ein zehnstöckiges Haus eingestürzt. Das hat zu massiven Protesten gegen angebliche behördliche Inkompetenz geführt. Und diese wiederum zu Polizeigewalt.
Gegen diese staatliche Gewalt haben rund 70 iranische Filmemacher unter der Führung von Mohamad Rasoulof mit einem offenen Brief protestiert. Dies führte wiederum dazu, dass er und Mitunterzeichner Mostafa Aleahmad verhaftet wurden.
Am Montag meldete die iranische Nachrichtenagentur «Mehr», der 62-jährige Jafar Panahi sei nun ebenfalls verhaftet worden, als er sich bei der Staatsanwaltschaft nach dem Verbleib von Mohamad Rasoulof erkundigt habe.
Verhaftet fürs Filmemachen
Die in Frankreich arbeitende Filmproduzentin Nasrine Médard de Chardon hat gute Kontakte in den Iran. Sie vertritt unter anderem das iranische Institut Kanoon, das sich für die intellektuelle Entwicklung von Kindern und jungen Erwachsenen einsetzt. Mehr als die bereits bekannten Fakten habe sie derzeit auch nicht, sagt sie.
Mohamad Rasoulof hat vor vier Jahren die Berlinale gewonnen mit seinem Film «There is no Evil». Jafar Panahi fünf Jahre früher mit «Taxi Teheran». Rasoulof und Panahi sind im Iran bereits 2011 zum ersten Mal verhaftet worden, weil sie ohne staatliche Erlaubnis Filme gedreht hatten.
Beiden wurde das Filmemachen für 20 Jahre verboten. Von Jafar Panahi hiess es, er habe seither mehr oder weniger unter Hausarrest gestanden. Das treffe nicht zu, sagt Nasrine Médard de Chardon – es sei schlimmer. Er habe einfach nie gewusst, ob und wann er wieder verhaftet würde: «Meiner Meinung nach grenzt das an Folter», sagt sie.
Kritik durch die Blume
Diesen Montag war es dann so weit. Das grausame Spiel ging wieder los. Die Filmemacher würden wieder vor Gericht gestellt. Sie würden sich Anwälte nehmen, aber mehr wisse sie auch nicht, sagt Hengameh Panahi vom Weltfilmvertrieb «Celluloid Dreams».
Yves Blösche ist Filmverleiher bei der Zürcher filmcoopi, die die Filme von Jafar Panahi im Programm hat. Dass Rasoulof und Panahi trotz Verbot seit Jahren mehr oder weniger heimlich weiter Filme drehten im Iran, erklärt er so: «Soweit es mir geschildert wurde, wird das Filmen geduldet, solange es nicht sehr regimekritisch ist. Diese Filmemacherinnen und Filmemacher sind so raffiniert, dass sie die Kritik nicht explizit, sondern zwischen den Zeilen üben – durch die Blume eben.»
Auch der Sohn ist im Visier der Behörden
Wenn diese Filme und die Filmemacher an ausländischen Festivals erfolgreich sind, mag das die Filmemacher bis zu einem gewissen Grad schützen. Es erhöht aber auch das Risiko, sagt Yves Blösche: «Es gibt durchaus politischen Druck. Ich habe Kinder von Jafar Panahi kennengelernt und die leben nicht mehr im Iran.»
Jafar Panahis Sohn Panah Panahi ist allerdings geblieben und er hat sogar seinerseits einen Film gedreht, den die filmcoopi im August ins Kino bringen wird. «Hit the Road» erzählt – grossartig und herzzerreissend verschlüsselt – von einer Familie, die dem Sohn die Flucht ins Ausland ermöglicht.
Die Filmcoopi hat versucht, den Regisseur ans Zürich Film Festival und ans Menschenrechtsfilmfestival in Genf zu bringen - ohne Erfolg: Panah Panahi hat von seinem Land keine Reisegenehmigung bekommen.