Da ist zuerst diese Sache mit Scarlett Johansson. Ein Journalist des US-Branchenblatts Variety schrieb in seiner Kritik zum dänischen Thriller «Wildland» über die 20-jährige Sandra Guldberg Kampp, sie hätte «something of the young Scarlett Johansson about her».
Seither macht der Vergleich die Runde und eilt ihr voraus. Wird das nicht langsam lästig?
Guldberg Kampp lacht über diese Frage, wird dann aber ernst: «Stimmt, ich wurde schon auf dieses Zitat angesprochen. Aber ich sehe das als Kompliment: Johansson ist sehr talentiert, also wehre ich mich sicher nicht dagegen.» Wobei sie hinzufügt: «Aber klar, irgendwann will man für sich selbst stehen.»
Sie hat noch Grosses vor sich
Im Moment steht Sandra Guldberg Kampp vor allem für diesen einen Film, dem sie ihre derzeitige Populärität verdankt: «Wildland», oder wie der dramatische Thriller im dänischen Original heisst: «Kød & blod», «Fleisch und Blut».
Es ist Guldberg Kampps erste Hauptrolle in einem Kinofilm. Unmittelbar vor dem Gespräch mit ihr hatte die «Wildland»-Regisseurin Jeanette Nordhal, Guldbergs Entdeckerin, im separaten Interview über sie gesagt: «Diese junge Frau hat noch Grosses vor sich.»
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Als Waise zur Mafia
Guldberg Kampp, Jahrgang 2000, spielt im Film Ida, ein 17-jähriges Mädchen, das eher wirkt wie 15, und das soeben seine alkoholkranke Mutter in einem Verkehrsunfall verloren hat. Ida selbst ist mit einem Arm im Gips und einem blauen Auge davongekommen.
Ida wird vom Sozialdienst bei ihrer Tante einquartiert. In der neuen Bleibe wartet aber noch viel mehr Ärger auf sie: Ihre Tante und ihre Cousins bilden eine regelrechte Mafia-Familie, und Ida wird zu deren Mitwisserin – kurz: Sie gerät in Gefahr.
Wortlose Protagonistin
«Wildland» ist eine leicht verstörende Mischung aus Sozialdrama und Thriller, unterlegt mit bitterbösem Humor. Alles wird aus Idas Perspektive erzählt. Man könnte sagen, der Film ist eine Art «Alice im Soprano-Wunderland».
Während einzelne Mitglieder des Casts, darunter die grosse dänische Actrice Sidse Babett Knudsen, ziemlich überdreht spielen dürfen, ist Guldberg Kampps Figur weitgehend damit beschäftigt, wortlos und ungläubig den Irrsinn zu registrieren, der sich um sie herum abspielt.
Daher die Frage: «War es nicht schwierig, eine eher passive Figur zu spielen in einem Ensemble, in dem andere Mitwirkende viel mehr Möglichkeiten haben, aus sich herauszugehen?»
Guldberg Kampp meint klar: «Nein. Schauspielerei, das bedeutet immer reagieren. So habe ich das gelernt.» Auf dem Set würden alle aufeinander reagieren, alle seien in ihren Rollen und reiben sich in den intensiven Szenen auf. «Da frage ich mich nicht, ob ich einen schwierigeren oder einen einfacheren Part habe als andere.»
Karrieresprung?
Mit ihren 20 Jahren steht Guldberg Kampp am Anfang ihrer Karriere. Nach «Wildland» stehen die Chancen gut, dass sie höher profilierte Angebote erhält als bisher. Spürt sie einen solchen Effekt?
Guldberg bleibt nüchtern: «Es gibt beide Seiten: Einerseits ist es toll, wenn man mit einem guten Script arbeiten kann und dafür Anerkennung bekommt – und ich bin ziemlich stolz auf diesen Film, ich verteidige ihn gern. Aber was die nächsten Angebote anbelangt, heisst das dann eben auch: Eine solche Chance kommt vielleicht nicht so schnell wieder. Im Moment steht sowieso vieles still.»
So gern man ihr recht gibt – hier hofft man leise, dass sie sich täuscht.
Kinostart: 5. November 2020