Weltweit leiden 47 Millionen Menschen an Demenz, und die Zahl steigt rapide: Experten rechnen im Jahr 2030 bereits mit 74 Millionen. In der Schweiz ist Demenz zudem der häufigste Grund für Pflegebedürftigkeit im Alter. Für Angehörige von Demenzkranken bedeutet dies oft enorme psychische und körperliche Belastungen.
Filme können sensibilisieren
Die Filmindustrie scheint sich den tragischen Seiten der Volkskrankheit Demenz wohlbewusst. Immer wieder schafft sie es, durch bewegte Bilder die Leiden der Betroffenen und die Nöte des Umfeldes bedrückend greifbar zu machen.
Wie wichtig dies ist, betonte auch die letztjährige Oscar-Preisträgerin Julianne Moore, die damals für ihre Rolle der demenzkranken Alice Howland in «Still Alice» geehrt wurde. Durch Filme über Demenz würden betroffene Menschen endlich gesehen und nicht mehr alleine dastehen, so Moore. Filme nehmen tatsächlich eine wichtige Rolle ein, wenn es darum geht, ein breites Publikum für ein Thema zu sensibilisieren.
Filme, die das Thema Demenz exemplarisch behandeln:
1. USA: Still Alice, 2014
Regie: Richard Glatzer, Wash WestmorelandAnfangs sind es nur Kleinigkeiten. So vergisst die anerkannte Linguistin Alice Howland während ihrer Vorlesung gewisse Fachbegriffe. Als sie aber beim Joggen auf dem Campus die Orientierung verliert, beginnt sie sich Sorgen zu machen. Ihr Neurologe präsentiert ihr daraufhin die niederschmetternde Diagnose: Mit ihren 50 Jahren leide sie an einer Frühform von Alzheimer.
Die Geschichte basiert auf dem Bestseller der amerikanischen Neurologin Lisa Genova. Mit der Verfilmung dieses Buches beweist sich Hollywood als Seismograph der Gesellschaft, der brisante Themen auf die Leinwand bringt. Für ihre Leistung als Alice Howland erhielt Julianne Moore den Oscar für die beste Hauptdarstellerin.
Auf ausserordentlich ergreifende Art stellt Moore das persönliche Ringen mit der Krankheit und den Charakterwandel dar, den eine an Demenz erkrankte Person schlussendlich durchläuft. Besonders eindrücklich ist die Szene, in welcher Alice beim Joggen die Orientierung verliert. Daraufhin nimmt sie sich selbst mit einer Kamera auf, dreht sich eine Anleitung zum Suizid.
2. Deutschland: Honig im Kopf, 2014
Regie: Till Schweiger, Lars GmehlingDie von Til Schweiger geschriebene Tragikomödie «Honig im Kopf» versucht die Demenz des ehemaligen Tierarztes Amandus mit kindlicher Frische zu präsentieren. Tilda – Schweigers Tochter in realis, wie auch auf der Leinwand – entführt ihren kranken Opa nach Venedig, um ihn vor dem Pflegeheim zu retten. Ein Familienfilm, der ein ernstes Thema knapp am Kitsch vorbei und wohl etwas zu märchenhaft darstellt, aber darin dennoch verständig und empathisch bleibt. Ein Versuch, der Verzweiflung ein Lächeln aufs Gesicht zu zaubern.
3. Deutschland: Vergiss mein nicht, 2012
Regie: David SievekingDer Regisseur und Dokumentarfilmer David Sieveking beschloss, seiner Mutter Gretel ein Denkmal zu errichten. Über zwei Jahre lang begleitete er die an Alzheimer erkrankte Mutter mit der Kamera und realisierte so einen in seiner Authentizität sehr berührenden Film über eine liebenswürdige Person.
Sieveking nutzte die Chance in der Krise: Er schweisste durch sein Projekt neue Banden innerhalb seiner Familie und zeigt damit, welche Möglichkeiten eine solche Krankheit in ihrer Endgültigkeit in sich birgt. Im speziellen illustrativ und haarsträubend ist die Szene, in welcher der Sohn David mit der kranken Mutter frühstückt und ihr vom Telefonat mit ihrem Mann Malte, seinem Vater, erzählt. Dieser ist 24 Stunden zuvor abgereist, die Mutter kann sich bereits nicht mehr an ihn erinnern.
4. Schweiz: Nebelgrind, 2012
Regie: Barbara KulcsarDer Schweizer Spielfilm zeigt eine Willisauer Bauernfamilie, in welcher der verwitwete Grossvater Karli für Unmut sorgt. Seine zunehmende Vergesslichkeit und die daraus resultierenden Folgen belasten die ihn pflegende Schwiegertochter Fränzi stark. Als diese für zwei Wochen in die Erholungsferien fährt, bemerkt der Sohn, wie die geistigen Fähigkeiten seines Vaters zunehmend verblassen, und er kommt bald an seine nervlichen Grenzen. Ein schweizerischer Spielfilm zur Demenz-Problematik, mit Happy-End.
5. USA: The Notebook, 2004
Regie: Nick CassavetesWas, wenn die grösste Liebe durch unheilbare Krankheit auf die Probe gestellt wird? Dies ist das Leitthema des 2004 verfilmten Romans von Nicholas Sparks. Die Liebesgeschichte zwischen der reichen Allie Hamilton (Rachel McAdams) und dem Landjungen Noah Calhoun (Ryan Gosling) spielt in den 1940er-Jahren in South Carolina. Sie beruht auf wahren Begebenheiten und ist gleichermassen herzzerreissend wie wunderbar.
Der Film illustriert den fortwährenden Versuch von Noah gegen Allies erbarmungslosen Schleier des Vergessens anzukämpfen. Die Geschichte zeigt auf eindrückliche Weise, was es bedeutet, auf der Suche nach einem Menschen zu sein, der sich selber als Person zwar schon längst vergessen hat, den man aber noch immer liebt.
6. Grossbritannien: Iris, 2001
Regie: Richard Eyre«Iris» ist ein Film über das Leben der bekannten und brillianten englischen Schriftstellerin Iris Murdoch. Der Film folgt dem Buch «Elegie für Iris». Geschrieben wurde es von Murdochs Mann, dem Kritiker John Bayley.
Kate Winslet und Judi Dench teilen sich die Rolle der Iris: die eine als junge, frivole Frau, die andere als ältere, erst sehr erfolgreiche, dann der Krankheit erliegende Dame. Die Geschichte erzählt von einer offenen und intelligenten Studentin, deren erotische Eskapaden ihr Mann sein Leben lang ertragen hat. Und wie er sie schliesslich doch an den Widersacher Alzheimer verliert. Ein Zeugnis für die Fragilität menschlicher Existenz und Exzellenz.