«Diese Art von Musik wird nicht geduldet, nur klassisches Klavier und traditionelle Musik sind erlaubt. Elektronische Musik von DJs ist generell verboten.»
Das sind die letzten Worte, welche die House-DJs Anoosh und Arash im «Ministerium für Kultur und islamische Führung» in Teheran zu hören bekommen. Eigentlich sind sie hier, um ihr DJ-Kollektiv registrieren zu lassen. Damit sie öffentlich auftreten und endlich ihr Album auf den Markt bringen können. Doch sie scheitern kläglich. Der Beamte läuft davon. Das Gespräch ist beendet.
Diese Szene aus dem Dokumentarfilm «Raving Iran» zeigt, mit welcher Vehemenz Kunst im Iran unterdrückt wird. Die Filmemacherin Susanne Meures hält diesen Moment und zahlreiche andere Situationen fest.
Sie filmt Raves im Untergrund. Sie ist dabei, als Anoosh an einer Party verhaftet wird. Sie begleitet die DJs bei deren vergeblichem Versuch, ihre CD an den Mann zu bringen. Und sie ist dabei, als Anoosh und Arash zum x-ten Mal beschliessen: «Wir müssen hier weg. Hier haben wir keine Zukunft.»
Handykamera statt Hightech-Equipment
Die Filmemacherin will einer nahezu unbekannten Generation ein Gesicht und eine Stimme geben: «Ich glaube, dadurch gebe ich den Jungen Macht und schwäche möglicherweise dieses repressive System.» Dafür nimmt Susanne Meures einige Gefahr auf sich: Drehbewilligungen hatte sie keine, fast alles ist mit versteckten Handykameras aufgenommen.
Auch wenn die Polizei sie immer wieder angehalten hat, es gab keinen Moment, in dem sie aufhören wollte: «Je härter es wird, desto mehr will ich es. Bei so einem Film darf man sich nicht in Angstvorstellungen verlieren.»
Und die Filmemacherin ist erfinderisch. Für die Szene im Ministerium für Kultur lässt sie für Arash ein Hemd schneidern mit einer zusätzlichen Tasche für die versteckte Kamera.
Angst ist relativ
«Arash hatte grosse Angst, weil er die Kamera, eingenäht im Hemd, tragen musste. Auch ich hatte Angst», sagt Anoosh, «aber wir haben die Situation gemeistert.»
Angst – das ist ein Wort, das im Gespräch mit dem DJ immer wieder auftaucht. Die Frage drängt sich auf: Warum haben sie das Risiko auf sich genommen und bei diesem Film mitgemacht? «Weil ich bereit bin, meine Freiheit für meine Leidenschaft, für das, was ich wirklich liebe, zu riskieren!»
Weitere Beiträge
Mit dem Film kann er den Menschen im Iran zeigen, dass mehr möglich ist und dass man einfach nur an sich selbst glauben muss. Auch wenn das am Ende bedeutet, die Heimat zu verlassen und zu versuchen, die Karriere im Ausland zu lancieren.
Zukunft in der Schweiz?
Genau das haben Arash und Anoosh gemacht. Seit einem Jahr leben die beiden DJs in der Nähe von Zürich.
Nachdem sie während zwei Jahren in einer Asylunterkunft im Bündnerland gelebt haben, fernab der pulsierenden Nachtclubs, sind sie nun voller Tatendrang. Anoosh sagt: «Mein Leben war eingefroren. Endlich fühle ich mich wieder lebendig, kann meine Zukunft planen und fühle meine Musik.»