Die Liste ihrer Talente ist lang – beinahe so lang wie jene der historischen Ereignisse, die Eva-Maria Hagens Leben prägten. Die Schauspielerin, Sängerin und Malerin erlebt den Nationalsozialismus und Krieg in Deutschland, den Einmarsch der Sowjets, die Vertreibung, die frühe DDR und den Neuanfang im Westen.
Tragische Kindheit
Geboren wird Eva-Maria Hagen 1934 in Költschen in Hinterpommern im heutigen Polen. 1945 wird das Dorf von der sowjetischen Armee besetzt. Die Familie wird vertrieben, wie Hagen später in ihrem Buch «Eva jenseits vom Paradies» beschreibt. Ihr neues Zuhause ist in Perleberg, das 1949 Teil der DDR wird.
Früh schon erlebt Eva-Maria Hagen Schreckliches: die Menschenjagd auf fliehende Zwangsarbeiter, Nazis, die sich aus Furcht vor den Gegnern mit ihren Kindern im See ertränken, Sowjets, die vergewaltigend durch die Gegend ziehen. Als knapp 20-Jährige erlebt Hagen den blutigen Arbeiteraufstand in der jungen DDR.
Grosse Karriere als Schauspielerin
Nach einer Lehre zur Maschinenschlosserin beginnt Hagen in den 1950er-Jahren ein Schauspielstudium in Ost-Berlin, wo sie unter der Leitung von Bertolt Brecht am Berliner Ensemble debütiert. Eva-Maria macht als Schauspielerin eine grosse Karriere. Bis 1965 spielt sie in fast 50 Filmen und TV-Produktionen mit.
1965 lernt sie den kritischen Lyriker und Liedermacher Wolf Biermann kennen. Die Begegnung wird zu einem Wendepunkt: «Er war einer der wichtigsten Menschen in meinem Leben», sagte sie einmal.
Die kommunistischen Funktionäre haben dem unangenehmen Künstler ein Auftritts- und Publikationsverbot erteilt. In der Folge erhält auch die Filmschauspielerin keine Arbeit mehr in Berlin.
DDR-Staatsbürgerschaft entzogen
Hagen spielt dann in Dessau das Blumenmädchen Eliza im Musical «My Fair Lady». Sie schmuggelt Biermanns Lieder in die Stücke.
1972 trennen sich Biermann und Hagen. Dennoch steht sie zu ihm, als dieser 1976 ausgebürgert wird. Deshalb wird auch sie «aus der Staatsbürgerschaft entlassen». 1977 folgt sie ihm zusammen mit ihrer Tochter Nina, die aus einer früheren Ehe stammt, nach Hamburg. Dort lebte sie bis zuletzt.
Im Westen baut sich die vielseitige Künstlerin eine zweite Karriere als Chansonsängerin und Autorin auf. Sie veröffentlicht drei autobiografische Bücher. Nun ist die «irdische Mutter der göttlichen Nina», wie Biermann sie nannte, im Alter von 87 Jahren gestorben.