In «Schwesterlein» spielt der deutsche Filmstar Nina Hoss Lisa, die Zwillingsschwester von Sven. Sven ist – wie sein Darsteller Lars Eidinger – der grosse Star der Berliner Schaubühne.
Das Theater war einst auch Lisas Welt. Sie hat erfolgreiche Stücke geschrieben. Ihr Ex David (Thomas Ostermeier) ist seit vielen Jahren Svens Regisseur.
Der Moment, der alles verändert
Mittlerweile hat Nina Martin (Jens Albinus) geheiratet und ist mit ihm in die Schweiz, nach Leysin, gezogen. Er leitet dort eine renommierte Privatschule. Sie hat zwei Kinder.
Die Zeit in Leysin sollte temporär sein, eine Rückkehr nach Berlin war stets geplant – zumindest Lisa hat das immer so verstanden. Doch dann erkrankt Zwillingsbruder Sven an Leukämie, braucht eine Knochenmarktransplantation und Lisa fliegt ohne ihre Familie sofort nach Berlin.
Verbindung und Verdrängung
Es sind Szenen wie diese, die im Film der beiden Schweizer Regisseurinnen Stéphanie Chuat und Véronique Reymond, die symbiotische Verbindung der Zwillinge noch stärker sichtbar macht: Lisa liegt auf einem Spitalbett, ihr wird Blut abgenommen. In der nächsten Einstellung: Sven im Isolationszimmer am Tropf. Das Bild ist so aufdringlich wie stark. In beiden Geschwistern fliesst das gleiche Blut.
Dem Kampf um das Leben ihres Zwillingsbruders ordnet Lisa alles unter. Sie nimmt ihn zur Erholung mit nach Leysin, bemüht sich krampfhaft, das Sterben des Bruders zu verdrängen.
Lichtsignale mit der Nachttischlampe
«Schwesterlein» ist ein echter Ensemble-Film und garantiert starkes Drama. Die legendäre Schweizer Schauspielerin Marthe Keller hat mehrere grossartige und rührend komische Auftritte als überforderte Mutter der Zwillinge.
Ebenso mitreissend: Die Dynamik zwischen Lisas Mann und Sven und die zwischen Sven und den Kindern, die ihren Onkel lieben.
Am stärksten aber ist die Zeichnung der Bindung zwischen den Geschwistern: Lichtsignale mit der Nachttischlampe, die gemeinsamen Erinnerungen. Svens Feststellung «Du hast aufgehört zu schreiben, an dem Tag, als ich meine Diagnose bekam.» Lisas stillschweigende Bestätigung mit nur einem Blick.
Lisa, die Leise
Das vielleicht einzige nicht ganz überzeugende Element, im sonst so starken Film: Lisas verzweifelte Versuche, ihren Bruder mit einem von ihr für ihn geschriebenes Theaterstück am Leben zu halten. Vielleicht überzeugt es nicht, weil wir Lisa als Autorin nie kennenlernen.
Filmstart: 03.09.2020