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Ein ganz normaler Teenie-Geburtstag in London. Normale, freche Teenager-Mädchen schlecken Lollipops und singen Happy Birthday. Dabei übertönt eine Stimme alle anderen. Es ist die der jungen Amy Winehouse, die im Stil der Jazzlegende Ella Fitzgerald für ihre Freundin singt.
Solche Aufnahmen hatte man von Amy Winehouse bisher noch nicht gesehen. Sie zeigen eine selbstbewusste, junge Frau mit Pausbäckchen und enormen Talent. Freunde und engste Vertraute von ihr stellten für den Dokumentarfilm «Amy» ihr privates Videomaterial zur Verfügung. Es sind diese verschwommenen, verwackelten, aber authentischen Aufnahmen mit dem der Dokumentarfilm an das Mädchen hinter dem erloschenen Sternchen erinnern möchte.
Keine «Talking Heads»
Regisseur Asif Kapadia, der den mehrfach ausgezeichneten Dokumentarfilm «Senna» über den brasilianischen Rennfahrer Ayrton Senna drehte, gleist erneut eine tragische Geschichte über eine Ikone auf. Für «Amy» interviewte er über 100 Personen, darunter auch ihre Familie.
Das Besondere dabei ist, dass man die interviewten Personen nicht zu Gesicht bekommt. Man hört nur ihre Stimmen. Sie erzählen die Geschichte hinter den Bildern. So sieht man häufig gesehene Aufnahmen von Amy Winehouse aus einer neuen Perspektive. Das Fehlen der sogenannten «Talking Heads» funktioniert und wirkt sogar erfrischend anders.
Ein normales Mädchen mit normalen Problemen
Die Erzählungen, zusammen mit privaten und öffentlichen Aufnahmen, machen aus dem Film ein emotionales Porträt. Es ist eine Entwicklungsreise vom Wunder- zum Problemkind. Amy, ein Superstar mit normalsterblichen Problemen. Sie hatte Talent, doch auch Depressionen. Sie hatte Figurprobleme und war bulimisch. Sie verliebte sich in den falschen Mann, der sie mit Drogen abfüllte.
Schliesslich trafen die falschen Leute die falschen Entscheidungen für sie. Von ihrem Erfolg geblendet, handelten ihre Vertrauten nicht zu Amys Wohl, sondern zu ihrem eigenen. So lautet die Antwort von Regisseur Kapadia auf die immer wiederkehrende Frage, warum ihr keiner rechtzeitig helfen konnte.
Rabenvater?
Der Dokumentarfilm stellt niemanden direkt an den Pranger, trotzdem werden einige Personen nicht von ihrer Schokoladenseite gezeigt. Darunter auch Amys Vater Mitch Winehouse. Nach der Sichtung der Rohfassung verweigerte er jede weitere Unterstützung und wollte das Filmteam sogar verklagen. Als gieriger Geier werde er dargestellt, der seiner Tochter nur als goldene Gans ausnutze.
Tatsächlich kommt der Vater im Film nicht gut weg. So sieht man Amy während ihres Entzuges auf St. Lucia. Als ihr Vater sie auf der Insel besuchen kommt, kommt er nicht alleine. Er bringt ein Kamerateam mit. Der Film erweckt so den Eindruck, dass dem Vater die Vermarktung seiner Tochter wichtiger war, als ihre Heilung.
Das Mädchen vor dem Ruhm und Drogeneskapaden
Mit zügellosen Auftritten in den Medien und ihren autobiografischen Hits wie «Rehab» liess Amy die Welt in ihre Seele blicken, und die Welt wollte immer ein Stück mehr von ihr. Schliesslich hörte man von der Sängerin mehr Skandalnachrichten als ihre unverkennbare Soulstimme.
Der Dokumentarfilm möchte die Bilder ihres Zerfalls verblassen lassen und an ein Mädchen vor dem Ruhm und den Drogeneskapaden erinnern. Ein Mädchen, das mal glücklich war und auf Geburtstagspartys mit ihrer Gesangseinlage alles um sich herum verstummen liess.