Drei amerikanische Senatoren gehen ins Kino und regen sich auf. So geschah es einem Republikaner und zwei Demokraten, die sich über Kathryn Bigelows neuen Film derart echauffierten, dass sie der Produktionsgesellschaft einen offenen Brief schrieben. «Zero Dark Thirty» lief in den USA im Dezember an wurde soeben für fünf Oscars nominiert.
Mit Hilfe von Folter zum Durchbruch
Der Film handelt von der zehn Jahre währenden Jagd nach Osama Bin Laden. Der Film beginnt mit einer schwarzen Leinwand und Aufnahmen von Hilferufen aus dem World Trade Center am 11. September. In der zweiten Szene presst ein CIA-Agent einem Terrorverdächtigen unter Folter den entscheidenden Hinweis ab, der zur Entdeckung Bin Landes führt – jedenfalls in der Version der Geschichte, die «Zero Dark Thirty» erzählt.
Zensur oder wahre Entrüstung
Die drei Senatoren betonen ihn ihrem Brief, dass der Durchbruch im Fall Bin Laden nicht durch Folter erzielt worden sei. Dass Folter überhaupt verwerflich und der Vereinigten Staaten nicht würdig sei, und dass Filmemacher eine moralische Verpflichtung hätten, sich an die Tatsachen zu halten.
Die amerikanische Filmkritik riecht Zensur, hat jedoch ihre eigenen Probleme mit dem Film. Als «borderline faschistisch» bezeichnete das New York Magazine das Werk, lobte es aber zugleich als meisterhaften Geheimdienstthriller.
Das entspricht dem Tenor der Kritik: «Zero Dark Thirty» enthält, so die Meinung aller namhaften Kinogänger, eine widerliche Botschaft, die die Macher virtuos aufbereiten - nämlich die, dass Folter funktioniert.
Wie viel Wahrheit steckt im Film
Am Anfang von «Zero Dark Thirty» wird eine Notiz eingeblendet, wonach das Folgende auf Augenzeugenberichten und wahren Ereignissen beruht. Der Film reklamiert also die Autorität der Fakten für sich und nimmt sich zugleich die Freiheiten der Fiktion. Daran beisst sich das denkende US-Publikum nun die Zähne aus
Es wird auf ästhetisch-intellektueller Ebene darüber diskutiert, was ein Film darf und was nicht, anstatt auf ethisch-politischer Ebene darüber, was eine Regierung darf und was nicht. Als wäre nicht Washington das Problem, sondern Hollywoods blühende Phantasie.
Gutes Kino über eine schlechte Welt
Auch die drei empörten Senatoren wissen letztlich nur vage darüber Bescheid, was in den geheimen CIA-Gefängnissen wirklich abläuft. Durchschnittsamerikaner haben davon erst recht keine Ahnung.
Ein Film wie «Zero Dark Thirty» könnte die Forderung nach mehr Transparenz mit sich bringen. Danach sieht es im Augenblick allerdings nicht aus. Am besten nimmt man Kathryn Bigelows Streifen deshalb als das, was er ist: gutes Kino über eine schlechte Welt.